Billige „Aktenzeichen XY“-Kopie: ZDF startet neues True-Crime-Format

18.04.2023 um 15:20 Uhr
    Mörderische Wahrheit Titelbild Seven Voss | © ZDF/Lukas Beckmann/Philipp Sniechota
    Sven Voss moderiert "Mörderische Wahrheit" | ©ZDF/Lukas Beckmann/Philipp Sniechota

    Gänsehaut ab Minute eins. Es ist das reinste Gruseln – aber nicht wegen der spannenden Verbrechen, sondern einer gruselig schlechten Produktion. Die „ZDFzeit“-Reihe wird durch ein neues True-Crime-Format ergänzt. Mit „Aktenzeichen XY“ ist der Sender eigentlich ein Urgestein im Crime-Business und trotzdem ist „Mörderische Wahrheit“ auffallend misslungen. Was stört?

    Der True-Crime-Markt boomt. Podcasts, Serien, Dokumentationen – die Deutschen können nicht genug vom realen Grauen bekommen. Das hat man offensichtlich auch im ZDF bemerkt und zunächst die Erfolgssendung „Aktenzeichen XY“ durch diverse Erweiterungen ausgebaut und nun für die Doku-Reihe „ZDFzeit“ ein neues Kriminal-Format konzipiert.

    Das Konzept ist naheliegend und die Expertise schon lange vorhanden. Trotzdem ist das Produkt skurril geraten. Schon die Sprecher-Auswahl wirkt wie ein Missgeschick. Eine tiefe melodische Stimme gibt zunächst einen Ausblick auf die Mordfälle. Dazu folgen kurze Sequenzen von Experten, Opfern, nachgestellten Szenen und Einblendungen der bisherigen Medienberichterstattung. Der Zuschauer soll regelrecht in Schauerstimmung gedrängt werden. Doch Sprecher Klaus Dieter Klebsch schlägt eher Töne für eine niedliche Tierdoku an; als sei ein einsames Robbenbaby das größte Drama der Story. Es ist ein kleines Detail mit großem Störfaktor.

    Szenen mit Risiko und Nebenwirkungen

    Es geht weiter unter dem Motto „Mehr ist mehr“: Denn auch mit deplatzierte Sound- und Bildeffekten wird nicht gegeizt. Angelehnt an „Aktenzeichen XY“ werden die Abläufe und Hintergründe der Fälle durch nachgestellte Szenen erklärt. Doch diese Rückblenden kommen mit Risiken und Nebenwirkungen: Vor lauter Verzerrung und Unschärfe im Bild kann einem nur schwindelig werden. Sollte der Effekt das schlechte Schauspiel verdecken?

    Einzig Sport- und Fernsehmoderator Sven Voss legt einen souveränen Auftritt hin. Er steht in einer bunt beleuchteten Lagerhalle, die wohl irgendwie modern und cool wirken soll, und zwischen unnötigen Animationen ohne Mehrwert. Der 46-jährige hat bereits Crime-Erfahrung als Moderator der „Aktenzeichen XY“-Erweiterung „XY gelöst“ gesammelt und führt als Ruhepol durch die Sendung.

    Unterstützt wird er von der forensischen Psychiaterin Nahlah Saimeh und der ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke. Ihr Einordnungen werden von weiteren Interviews mit Angehörigen, Reportern und Ermittlern ergänzt. In kurzer Zeit prasselt eine Vielzahl von Gesichtern auf den Zuschauer ein. Viel Input für eine schlanke 45 Minuten Dokumentation.   

    Vor lauter Kamerafahrten, Led-Lichtern und künstlichem Spannungsbogen bleibt leider wenig von den Fällen in „Mörderische Wahrheit“. Diese sind in den Folgen „Wenn Liebe tödlich endet“ und „Wenn Täter unbekannt bleiben“ am 18. April und 25. April um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.