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„Das Fest der Liebe“: Improvisieren? Für Nicole Heesters ein großer Spaß

23.12.2023 um 15:15 Uhr
    Steht seit 70 Jahren vor der Kamera: Nicole Heesters (86). | © Steht seit 70 Jahren vor der Kamera: Nicole Heesters (86). Steht seit 70 Jahren vor der Kamera: Nicole Heesters (86). | ©Steht seit 70 Jahren vor der Kamera: Nicole Heesters (86).

    Schauspielerin Nicole Heesters spricht im Interview über die Improserie „Das Fest der Liebe“, warum die Kameramänner ihr dort zu Füßen liegen und welche Interviewfrage sie nicht ausstehen kann.

    Ein Interview von Michael Tokarski

    Sie spielte am Theater die größten Rollen. Sie trat in TV-Hits wie „Klemperer“ auf. Sie war im „Tatort“ 1978 die erste Kommissarin der deutschen TV-Geschichte. Jetzt beweist Nicole Heesters ihr Improvisationstalent. 

    Im Vierteiler „Das Fest der Liebe“ (Sa, 23. Dezember, 17.15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek) spielt die 86-Jährige eine resolute Patriarchin – völlig ohne Skript (s. Kasten). HÖRZU sprach mit der Tochter von Entertainerlegende Johannes Heesters und Operettensängerin Louisa Ghijs über ihre Karriere und ihr neuestes Projekt.

    HÖRZU: Ihre neue Serie kommt ohne Drehbuch aus. Improvisieren Sie gern? 

    NICOLE HEESTERS: Ja, ich probiere gerne Neues aus. Es hat viel Spaß gemacht und war völlig anders, als fertige Texte auswendig zu lernen. Regisseur Jan Georg Schütte hat lange Gespräche mit uns geführt: wie unsere Figur sein soll und was sie über die anderen denkt. Aber was genau passieren würde, das hat er uns nicht verraten.

    Wie sah Ihre eigene Vorbereitung aus?

    Ich habe mir Hunderte Sätze aufgeschrieben, die zu meiner Figur passen. Ich war bis unter die Haarwurzeln voll mit Ideen. Doch sobald die Kamera läuft, lässt man sich auf die Situation ein, reagiert und vergisst das Drumherum. Jeder aus der Besetzung hatte einen eigenen Kameramann. Sobald man von einem Kollegen wegschaut, blickt man auf einen liegenden oder irgendwo hängenden Kameramann. Das war neu für mich.

    Ein hochkarätige Besetzung, eine Situation voll Komik und Tragik – aber kein Drehbuch: Regisseur Jan Georg Schütte bleibt in „Das Fest der Liebe“, der Fortsetzung von „Das Begräbnis“ (2022), seinem Erfolgsrezept treu. Die Story des neuen improvisierten Vierteilers: An Heiligabend besuchen die Mecklenburger Brüder Mario (Charly Hübner) und Thorsten (Devid Striesow) die schwäbische Verwandtschaft (u. a. Oliver Wnuk, Andrea Sawatzki, Nicole Heesters). Hier trifft Arm auf Reich, Ost auf West, und gleich mehrere Familiengeheimnisse kommen ans Licht. Ein Fest der Liebe? Von wegen. Es wird turbulent, bitterböse, aber auch absolut sehenswert.

    Dabei gibt es nicht viel, was Sie noch nicht gemacht haben. Unter anderem waren Sie die allererste „Tatort“- Kommissarin – ein TV-Meilenstein. Wie blicken Sie darauf zurück?

    Das ist lange her, und ich habe nur drei Folgen gemacht. Seltsam, was das für einen Raum einnimmt. Ich habe so viele Rollen gespielt – und auf welche werde ich angesprochen? Auf die Kommissarin.

    Waren Sie sich denn der Tragweite bewusst, die erste „Tatort“-Frau zu sein?

     Ja, das hat mich gereizt. Die Rolle an sich war weniger spannend. Zu fragen: „Wo waren Sie gestern um fünf Uhr?“ – dafür wird man nicht Schauspielerin. Aber es ist eine der vielen Farben dieses Berufs. Insofern habe ich das gerne gemacht. Doch der Wirbel wurde zu groß. Mich sprachen Leute mit dem Namen der Kommissarin an. Da dachte ich: Das war’s – Zeit aufzuhören.

    In Porträts über Sie liest man Worte wie „harsch“ oder „streng“. Ihre Meinung?

    So etwas langweilt mich. Wer will sich nach einem kurzen Gespräch ein Urteil über mich erlauben? Ich weiß, ich wirke streng. Das wird mir oft gesagt, und ich bin darüber immer sehr erstaunt. Aber wie die Leute mich beurteilen, dem bin ich dann ausgeliefert.

    Was war für Ihre lange Karriere eigentlich ausschlaggebender: Ihr Talent oder Ihre Disziplin?

    Erst einmal Talent, würde ich sagen. Was nützt einem Disziplin ohne Talent? Aber es gibt eine Sache, die über beidem steht.

    Nämlich?

    Glück. Ich habe in meinem Beruf sehr viel Glück gehabt. Trotzdem scheint es, als sei Ihnen Pflichtbewusstsein sehr wichtig. Ja, aber das sollte doch jedem so gehen. Wenn man jeden Abend Theater spielt oder morgens um sieben Uhr zum Dreh abgeholt wird, gehört das dazu.

    Ihre Eltern waren beide erfolgreiche Künstler. Haben Sie Ihren Sinn für Disziplin von den beiden?

    Sie waren beide gute Vorbilder, mein Vater wohl sogar das beste Vorbild.

    Die Unsicherheiten in den Berufen Ihrer Eltern hat Sie nie abgeschreckt?

    Wenn man so denkt, dann sollte man es gleich lassen. Ich wollte spielen! Man muss anfangen und sagen: „Ich hole mir alle Sterne vom Himmel!“ Dann kommt man irgendwann darauf, dass man glücklich sein kann, wenn man einen erwischt.

    Sie stehen im Münchener Residenztheater wieder auf der Bühne. Haben Sie für sich einen Plan, wie lange Sie noch schauspielern wollen?

    Solange mein Kopf funktioniert, ich noch gesund bin und man mich sehen will, gibt es keinen Grund aufzuhören.

    Es heißt, Sie schwelgen nicht gerne in Erinnerungen. Trotzdem interessiert mich: Mit welchem Gefühl schauen Sie auf das Erreichte zurück?

    Wenn Sie wissen, dass ich das nicht mag, dann lassen Sie die Frage doch weg (lacht).

    Wenn ich jede unliebsame Frage weglasse, wird dieses Interview womöglich zu kurz.

     Meine Erfahrungen trage ich ohnehin in mir. Deswegen schaue ich nicht zurück, sondern nur nach vorne. Ich schaue, was morgen mit mir passiert. Oder zumindest heute Abend.