„Entführt – 14 Tage überleben“: So denkt das Opfer über den RTL-True-Crime-Thriller

14.09.2023 um 10:45 Uhr
    Johannes (Cecilio Andresen, M.) in den Armen von Bruder, Mutter und deren Freund. | ©

    Ein echter Fall von Kindesentführung – authentisch verfilmt: HÖRZU sprach mit dem damaligen Opfer über die emotionalen Dreharbeiten zu „Entführt – 14 Tage überleben“.

    Ein Artikel von HÖRZU-Reporter Hendrik Thies

    Es ist der 6. März 1981 gegen 18 Uhr, als eine unbeschwerte Kindheit brutal endet. Entführer zerren den elfjährigen Johannes Erlemann vom Fahrrad, verschleppen ihn und sperren ihn in eine Kiste. Sie halten ihn in einem dreckigen Verschlag in totaler Dunkelheit versteckt. Ihr Ziel ist es, Lösegeld zu erpressen, denn der Vater von Johannes ist ein millionenschwerer Investor. Was sie nicht wissen: Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung sitzt er in Untersuchungshaft, das Vermögen wurde eingefroren.

    Wochenlang hielt der aufrüttelnde und wendungsreiche Fall die deutsche Öffentlichkeit in Atem. Jetzt wurde er unter anderem mit Sonja Gerhardt („Ku’damm“Reihe) und Jonas Nay („Deutschland 89“) in den Hauptrollen verfilmt.

    "Entführt - 14 Tage überleben": Do, 14. September, 20.15 Uhr bei RTL

    Der Film war in gewisser Weise eine Konfrontationstherapie für mich, da ich mich erstmals exakt an die Orte von damals begeben habe“, sagt der echte Johannes Erlemann im Gespräch mit HÖRZU. Das Entführungsopfer von einst begleitete die Filmproduktion als Berater und sorgte dafür, dass alles so authentisch wie möglich dargestellt wird. 95 Prozent des Films seien an Originalschauplätzen bei Köln gedreht worden.

    Johannes Erlemann heute | ©RTL / Boris Breuer

    „Vereinzelte Szenen habe ich mir nach den Dreharbeiten die ganze Nacht immer wieder angeschaut, weil mich die Aufnahmen absolut fassungslos gemacht haben. Ich hatte das Gefühl, als wären damals Kameras dabei gewesen“, so Erlemann, der heute als Unternehmer tätig ist.

    Sonja Gerhardt im Podcast zu "Entführt"

    Seine persönliche Aufarbeitung des Traumas begann, als ihm vor rund zehn Jahren Polizeiakten und Tonbandaufnahmen der Verhöre in die Hände fielen. Aus der Idee, ein Buch zu schreiben, entstand allmählich der Gedanke eines Filmprojekts, das er schließlich mit Unterstützung von Produzentin Veronica Ferres umsetzen konnte. Begleitet wird die Produktion nun von einer vierteiligen Doku und einem „Stern TV“-Extra im Anschluss an den Film (22.30 Uhr bei RTL).

    Skandalöse Polizeiarbeit im Fall Erlemann

    Johannes Erlemanns Tortur war nach der Freilassung durch die Kidnapper übrigens nicht vorbei. Journalisten belagerten seine Familie, die Polizei zeigte sich in den anschließenden Verhören wenig einfühlsam, schenkte seinen Aussagen keinen Glauben und zwang Johannes, sich zu Ermittlungszwecken mehrfach in eine enge Kiste zu zwängen. „Ein Skandal und in manchen Momenten auf seine Weise schlimmer als das, was mir davor zugestoßen war“, erinnert sich Erlemann heute.

    Auch wenn ihm seine Kindheit geraubt wurde, mag er sich nicht vorstellen, wie sein Leben ohne die Vorfälle verlaufen wäre. „Alles, was daraus erwachsen ist, hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin: ein glücklicher Mensch, der das Leben genießen kann.“

    "Entführt - 14 Tage überleben": Do, 14. September, 20.15 Uhr bei RTL und bei RTL+.

    Jochem Erlemann: Torben Liebrecht spricht über seine Rolle im Entführungs-Drama

    Ein reales Familiendrama lebt wieder auf. Die Erlemann-Entführung schockierte 1981 das ganze Land. Nun hat Veronika Ferres gemeinsam mit RTL einen packenden Filmstoff aus der Geschichte gemacht. Schauspieler Torben Liebrecht ist dafür in die Rolle des Jochem Erlemann geschlüpft. Im Interview spricht er über seine Sicht auf den extravaganten Charakter und wie viel Erlemann auch privat in ihm steckt. In dem neuen TV-Drama „Entführt – 14 Tage Überleben“ spielen Sie Jochem Erlemann, den millionenschweren Geschäftsmann, der vom Gefängnis aus erleben muss, wie sein Sohn entführt wird. Was hat sie an der Rolle gereizt? Torben Liebrecht: Mich hat erst einmal die Geschichte gereizt. Es geht ja um einen echten Fall, der vor über 40 Jahren passiert ist. Diese Konstellation hätte kaum schlechter sein können: Vater im Gefängnis, das Millionen-Vermögen eingefroren, der ältere Sohn ist schwer an Krebs erkrankt und dann wird auch noch der jüngere Sohn Johannes entführt. Die Polizei glaubt der Familie eigentlich nicht und denkt, sie würde das Lösegeld nur zur Seite schaffen wollen. Und auch als der Kleine wieder freikommt, glaubt man ihm nicht. Das ist einfach eine irre Geschichte, bei der wahnsinnig viel in wahnsinnig kurzer Zeit passiert. Und dass Johannes Erlemann als Berater bei diesem Projekt dabei war, fand ich faszinierend. Das war ein Geschenk. Und die Figur Jochem Erlemann? Die Figur ist so reizvoll, weil sie sich zu Beginn des Films auf dem Zenit des Erfolgs befindet. Partys, Privatjet, Promis – jemand der eigentlich nur mit dem Finger schnippt und scheinbar alles haben kann, was er will. Und dann landet Jochem Erlemann in U-Haft und kann plötzlich nichts mehr tun, hat keinen Einfluss mehr. Diese Ohnmacht bringt eine interessante dramaturgische Fallhöhe.

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