Eine starke Frau mit vielen Gesichtern: Mariele Millowitsch begeistert als „Klara Sonntag“ und „Marie Brand“. Ein Interview über Kindheit, die veränderte Fernsehlandschaft, das Geheimnis ihres Optimismus und die Kunst, allein glücklich zu sein.
Sie gehört zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen im deutschen Fernsehen: Mariele Millowitsch . Nach Kindheit und Jugend auf der Bühne des Familientheaters neben ihrem berühmten Vater Willy kehrte sie dem Schauspiel nach dem Abitur zu - nächst den Rücken zu. Mitte der 1990er feierte sie mit „Girl Friends“ und „Nikola“ einen überraschenden Durchbruch im TV. Seitdem geht es für die Kölnerin nur bergauf: Mit ihren Rollen als Ermittlerin „Marie Brand“ und Bewährungshelferin „Klara Sonntag“ (Fr, 31. März, 20.15 Uhr im Ersten) avancierte sie zum Publikumsliebling.
Im großen Interview mit HÖRZU berichtet die 67-Jährige von ihrer Kindheit im Hause Millowitsch – ein Nachname, mit dem sie es, wie sie sagt, nicht immer leicht hatte. So verbunden sie sich ihrer Familie auch fühlt, in dem bewegenden Gespräch zeigt sie sich als Mensch, der seinen eigenen Weg geht.
HÖRZU: Die Tage werden länger, die Sonne steht höher: Wie sehr freuen Sie sich, dass jetzt der Frühling kommt?
MARIELE MILLOWITSCH: lch freue mich, wenn ich die ersten Rufe der Vögel höre und die Blümchen langsam rauskommen, aber ich werde auch nicht so schnell depressiv, wenn es lange dunkel ist. Es mag am Kölschen liegen – ich schätze Sie als absolut optimistischen Menschen ein. Liege ich da richtig? Ich weiß nicht, ob es etwas mit Köln zu tun hat, aber ich habe Glück, dass ich so bin.
Woher nehmen Sie Ihren Optimismus?
Ein Teil ist natürlich angeboren. Eine Fähigkeit, die ich habe und für die ich sehr dankbar bin, ist, dass ich mich über Kleinigkeiten freuen kann: über jemanden, der lachend über die Straße läuft, oder über ein Eichhörnchen vor meinem Fenster.
Wie sehr wurden Sie durch Ihr Elternhaus geprägt? Wie war die Stimmung zu Hause bei Familie Millowitsch?
Sehr unterschiedlich. Alles drehte sich um den Vater. Das war das alte patriarchalische System. Die Mutter hat sich untergeordnet. Es gab fröhliche, gelöste Momente, wenn der Vater gut drauf war, aber es gab auch Angstmomente. In welchen Situationen? Na ja, wenn mein Vater wieder explodierte. Er war launisch. Ich konnte das als Kind nicht gut ertragen und kann es bis heute nicht, wenn jemand herumbrüllt.
Hatte Ihr Vater auch liebevolle Seiten?
Selbstverständlich hatte er die, aber sie waren nicht so häufig da. Wenn es um Zeugnisse ging, war er ganz lieb. Er war selbst in der Schule nicht gut und hat nie Druck ausgeübt, sondern uns in den Arm genommen nach dem Motto: Wird schon!
Gingen in Ihrem Elternhaus viele prominente Gäste ein und aus?
Meine Mutter war sehr gastfreundlich. Ob Peter Frankenfeld, Heidi Kabel, Agnes Fink, sie waren alle bei uns. Zarah Leander hat uns Kinderlieder vorgespielt. Diesbezüglich war es eine tolle Kindheit. Aber ich habe auch früh gesehen, dass die Schauspielerei zwei Seiten hat. Viele Kollegen waren nicht wirklich fröhlich, hatten Angst oder haben zu viel Alkohol getrunken.
Sie haben heute keine eigene Familie – anders als Sie es sich einst gewünscht haben.
Wie fühlt sich das an? Ich habe viele Jahre gedacht, dass ich gern Kinder hätte. Es hat sich nicht ergeben.
Welche Vorteile hat das Alleinsein?
Viele. Ich muss für niemanden sorgen. Ich habe meine Freiheit, muss mich nicht absprechen, keine Kompromisse machen. Vielleicht werde ich mit der Zeit ein bisschen schrullig. Ich halte mich nicht dafür, außer dass ich die ganze Zeit mit mir selbst quatsche – gern in verschiedenen Dialekten, was mir einen Höllenspaß macht. Oder ich texte meinen Hund zu. Wenn einer im Haus wäre, würde er vielleicht sagen: Kann die nicht mal die Klappe halten? Es ist alles gut so, wie es ist. Ich bin gern allein.
Es gibt Leute, die Einsamkeit und Alleinsein verwechseln. Dabei gibt es gravierende Unterschiede. Was entgegnen Sie diesen Menschen?
Einsam ist, wenn man niemanden hat. Ich lebe in einem intakten Freundeskreis und weiß immer, wen ich anrufen kann. Dann ist das Alleinsein gut.
Wie zufrieden sind Sie in Ihrem Leben?
Sehr. Ich möchte nicht selbstzufrieden klingen, aber worüber soll ich jammern? Wenn ich es täte, würde bestimmt mit einem Mal etwas kommen – aber es geht mir gut, und ich bin gesund. Dafür bin ich dankbar.