Jeder Fremde ist hier verdächtig. Aber auch ein Mörder? Mehmet Kurtuluş und Regisseur Roland Suso Richter über den düsteren Thriller „Mordach“ und warum private Dispute einem Film nützen können.
Ein Artikel von Hörzu-Reporter Mike Powelz
Als die Tochter des Sägewerksbesitzers tot im Fluss treibt, ist für die Dorfbewohner schnell klar: Schuld kann nur der einzige Fremde sein, der gerade im Ort weilt. Auch weil er sehr fremdländisch aussieht. Es handelt sich um Cuma Ozan, einen verdeckten Ermittler des BKA, im düsteren ARD-Zweiteiler „Mordach“ gespielt von dem zweifachen Grimme-Preisträger Mehmet Kurtuluş. Der BKA-Mann ist nach einem beruflichen Zwischenfall psychisch am Ende. Gepeinigt von Suizidgedanken hat er sich in die raue Bergwelt des Dorfes Mordach zurückgezogen – vorgeblich, um eine Auszeit zu nehmen.
Hier begegnet er auch Laura (Lea Louisa Wolfram), der Tochter von Sägewerksboss Jakob Brunner (Dominique Horwitz). Unter Drogeneinfluss hat sich Cuma auf eine Affäre mit der attraktiven jungen Frau eingelassen – kurz darauf liegt sie tot im Fluss. Erschossen. Mit einer Waffe des BKA. Wie alle Dörfler hält auch die fremdenfeindliche Ortspolizistin Toni Brandner (Sarah Bauerett) Ozan sofort für den Mörder. Dann reist auch noch Ozans Chefin Helene Brecht (Gesine Cukrowski) an und zwingt ihn, ausgerechnet im Team mit Toni den wahren Mörder zu jagen.
Der Zweiteiler „Mordach“ hat alle Zutaten, die das Herz von Thrillerfans höherschlagen lassen: Spannung, Erotik, eine düstere Atmosphäre und einen zumindest anfänglich undurchsichtigen Helden in höchster Bedrängnis. „Aus meiner Sicht“, so Regisseur Roland Suso Richter, „ist ‚Mordach‘ kein reiner Ermittlerfilm, sondern ein Zweiteiler mit Mystery-Touch. Außerdem geht es stark um die psychische Befindlichkeit der beiden Protagonisten, denn Cuma und Toni reagieren wie Feuer und Wasser.“
Ein extrem gegensätzliches Paar also, das Richter bewusst gecastet hat: „Ich setze immer auf Figurenkonstellationen, die chemisch kontrovers sind. Ähnlich war es 2008 bei meinem Thriller ‚Mogadischu‘: Die damaligen Hauptdarsteller Saïd Taghmaoui und Thomas Kretschmann haben einander gehasst – was für mich ein gefundenes Fressen war, weil ich nur zuschauen musste, wie die beiden aufeinander losgingen.“
Für „Mordach“, so der Regisseur weiter, habe er daher nach einer ähnlichen Paarung gesucht und sie schließlich gefunden: „Mehmet hat Cuma so tiefgründig unnahbar gespielt, dass sich Sarah Bauerett die Zähne an ihm ausgebissen hat. Und dass es beim Dreh öfter mal einen Disput zwischen ihnen gab, hat dem Zweiteiler nicht gerade schlechtgetan, weil seine Themen Misstrauen und Hass sind.“ Mehmet Kurtuluş bestätigt das: „Die Diversität zwischen unseren beiden Hauptfiguren hat dank Roland Suso Richters Gespür für die Besetzung wunderbar funktioniert.“
Was hebt diesen Thriller seiner Meinung nach aus der Masse der TV-Krimis hervor? „‚Mordach‘ ist ein visuelles Erlebnis mit der Bergwelt als drittem Hauptdarsteller. Für mich persönlich ist das Alleinstellungsmerkmal aber darüber hinaus auch die verdeckte Ermittlung – ein Augenzwinkern und ein kleiner Gruß an meine Hamburger ‚Tatort‘-Zeit als Undercover-Ermittler Cenk Batu.“
Rassismus ist für Regisseur Roland Suso Richter ein Grundkonflikt des Thrillers. „Sonst hätten wir Mehmet auch nicht für diese Rolle besetzt. Es war völlig klar, dass die Geschichte nur mit Cuma Ozans etwas anderem Aussehen und seinem fremdartigen Namen funktioniert. Obwohl er Deutscher ist, was auch in seinem Pass steht, wird er vorverurteilt.“ Mehmet Kurtuluş ergänzt: „Die Geschichte erzählt über die Ermittlungsarbeit hinaus von Ressentiments und Xenophobie – das heizt die Stimmung in Mordach erst richtig auf.“
Am 27. April läuft „Mordach: Tod in den Bergen“ um 20.15 Uhr im Ersten.