Ein Comeback? Hatte er nie nötig. Peter Kraus kam mit dem Wirtschaftswunder – und blieb. Zu seiner sechsten Abschiedstour ehrt ihn das ZDF jetzt mit einer Geschichtsdoku.
An seinem 84. Geburtstag (am 18. März) hat er spielfrei, immerhin. Selbstverständlich ist das nicht, denn Peter Kraus ist gerade wieder auf Tournee. Es ist seine sechste Abschiedstour. Und bevor man ihn fragen kann, wann denn die siebte startet, sagt er: „Es ist die letzte Tournee, ich habe es diesmal ganz fest meiner Frau versprochen und auch mit meiner Vernunft geredet.“ Nur um im nächsten Moment hinterherzuschieben: „Ob ich danach trotz - dem noch das eine oder andere Konzert spiele, lassen wir mal offen.“ Dann lacht er sein typisches Peter-Kraus-Lachen.
Seit der Wirtschaftswunderzeit prägt er die deutsche Unterhaltung – dank seiner großen Kreativität und seiner unbändigen Energie. Kraus über Kraus: „Ein unruhiger Geist in einem unruhigen Körper.“ Ein Fall für die Geschichtsredaktion, findet das ZDF und widmet ihm jetzt eine Doku (siehe TV-Tipp). Autor Thomas Riedel wertete historische Aufnahmen aus, sprach mit Weggefährten und natürlich mit dem Ehepaar Kraus. Nicht nur mit Wachheit und Frische beeindruckte ihn der Star: „Kraus hat sich mit Fleiß und Mut immer wieder an Neues gewagt, sich dabei seine Fähigkeit zur Selbstironie bewahrt.“
Denn geradlinig war sein Werdegang keineswegs: „Mein Ziel war immer die Schauspielerei, mir kam dann die Musikkarriere dazwischen.“ Der Spagat gelingt ihm, auch beim Image: der nette Junge von nebenan und der Rock-’n’-Roll-Rebell. Zu Beginn seiner Zeit als „deutscher Elvis“ geht es auf den Konzerten hoch her, oft muss die Polizei das Publikum zurückdrängen: „Ich stand auf der Bühne, machte weiter, und hinter mir gingen Musiker ab mit den Worten: Da spiele ich nicht mit“, erinnert er sich in der Doku. Auch daran, wie er kurz davor war, mit dem Rock ’n’ Roll aufzuhören: Nach einem Konzert in Graz beging ein festgenommener Jugendlicher im Gefängnis Suizid. Aus Angst vor den Eltern. Das belastet Peter Kraus bis heute.
Allein in den ersten vier Jahren seiner Musikkarriere verkauft er zwölf Millionen Platten, bringt ganze 36 Singles heraus. Auch im Kino kommt Kraus’ Hüftschwung an, Conny Froboess und er gelten als Traumpaar. Doch als in den 1970er-Jahren die Beatmusik den Rock ’n’ Roll ablöst, wird sein Plattenvertrag nicht verlängert. Kraus ist am Boden zerstört. Und erfindet sich kurzerhand neu.
Er spielt in Wien Theater. Er beteiligt sich an Deutschlands erster Großraumdisco in München: „Da waren zwei-, dreitausend Leute drin am Tag.“ Er geht zum Fernsehen. Dort gelingt ihm mit „Bäng Bäng“ die erste deutsche Sketchcomedy. Seine Musikshows „8 × 1 in Noten“ und „Hallo Peter!“ sind Straßenfeger. Dann erlebt der Rock ’n’ Roll eine Renaissance, und seitdem ist Kraus wieder zurück in den Konzerthallen und Plattenregalen.
„Ich versuche einfach überall, im Unabwendbaren etwas Schönes zu finden“, so erklärt er seine Lebensphilosophie. Nur die Beatles mag er bis heute nicht. „Wenn man pausenlos in Aktion ist, hat man das Gefühl, jung zu bleiben“, erklärt der knapp 84-Jährige, der selbst beim Zähneputzen Kniebeugen macht. „Natürlich merke ich, dass ich nicht mehr 20 bin. Aber das ist auch in Ordnung. Ich versuche einfach, vernünftig, glücklich und zufrieden zu leben.“
Die Dokumentation läuft am 26. Februar um 23.40 Uhr im ZDF und hier in der Mediathek.