„Polizeiruf 110“: Transmann Daniel A. unter Mordverdacht - lohnt der Fall aus Rostock?

17.02.2023 um 13:33 Uhr
    Darstellerteam | © NDR/Christine Schröder
    Spannungen: König (Anneke Kim Sarnau, l.) und Böwe (Lina Beckmann. r.) mit dem transsexuellen Daniel (Jonathan Perleth). | ©NDR/Christine Schröder

    Ein zweiter Fall der neuen Ermittlerin Melly Böwe in Rostock: Im „Polizeiruf 110“ geht’s um die Nöte eines Transmanns.

    Begeisterung sieht anders aus: Als die neue Kommissarin Melly Böwe (Lina Beckmann) für ihren zweiten Fall in das Kommissariat nach Rostock kommt, wird sie von den Kollegen nicht mit offenen Armen empfangen. Die Männer machen dumme Sprüche, Kollegin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) hält es nicht einmal für nötig, anwesend zu sein.

    Kann die Kommissar Bukow-Nachfolgerin die Lücke füllen?

    Böwe-Darstellerin Lina Beckmann erging es im „Polizeiruf“-Team zum Glück ganz anders: Als Nachfolgerin von Charly Hübner, privat ihr Ehemann, wurde sie im Schauspielensemble gut aufgenommen. Dabei war es keine leichte Situation. „Ich kriege ja mit, dass viele Zuschauer den Bukow unglaublich vermissen. Die Figur, die jetzt kommt, hat es schwer, diese Lücke zu füllen“, berichtet Beckmann. Aber Kollegin Sarnau habe es ihr leicht gemacht: „Wir haben uns privat schnell gefunden.“ Und das, obwohl ihre Figuren sehr unterschiedlich ticken: Während König eigenbrötlerisch ist und ruppig auftritt, lässt sich Böwe nicht von den barschen Reaktionen einschüchtern, bleibt stets nett und verhält sich sehr empathisch. Dabei merken die beiden Frauen schnell, dass sich ihre unterschiedlichen Charaktere gut ergänzen.

    Geheimnis: Daniela (Jonathan Perleth) fühlt sich als Mann im Körper einer Frau gefangen. | ©NDR/Christine Schröder

    Es ist ein ganz besonderer Fall, mit dem sie es diesmal zu tun bekommen, ohne dass sie anfangs ahnen, welch dramatische Dimensionen er hat. Böwes Einfühlungsvermögen ist dabei von immenser Bedeutung. Eine junge Frau wird tot auf einem Parkplatz gefunden. Zuletzt gesehen wurde sie mit Daniel (Jonathan Perleth), den die Polizei nun sucht. Da er sich nicht meldet, steht er schnell unter Mordverdacht. Aber die Ermittler sind auf einer falschen Fährte: Der gesuchte Daniel heißt eigentlich Daniela, wurde als biologische Frau geboren, fühlt sich jedoch als Mann – und hat bislang große Angst davor, sich zu outen.

    Die Tragik von Daniels Geschichte steht im Vordergrund des Films, denn von Anfang an wissen die Zuschauer, wer der Täter ist. Spannung entsteht aus Daniels schwieriger Situation: Wegen des emotionalen Drucks ist er völlig verzweifelt, fürchtet vor allem die Reaktion seiner Familie. Seine Schwester ist minderjährig Mutter geworden und wie sein alleinerziehender Vater überfordert mit der Situation.

    Schauspieler Jonathan Perleth ist selbst Transmann

    Schauspieler Jonathan Perleth, der selbst aus Rostock kommt, war angetan von seiner Rolle. Als Transmann kann er Daniels Problematik gut nachvollziehen, hatte anfangs aber Bedenken: „Ich hatte die Sorge, dass das Thema ein bisschen oberflächlich bleibt und es um eine Figur geht, die hauptsächlich aus Stereotypen besteht.“

    Unglückliche Liebe: Daniel (Jonathan Perleth, r.) hat sich in Hanna (Alina Stiegler, l.) verliebt, aber sie weist ihn zurück. | ©NDR/Christine Schröder

    In diesem Fall gibt es kein Gut und Böse

    Regisseur Dustin Loose und Drehbuchautor Benjamin Hessler gelingt es jedoch, Klischees zu vermeiden. Ihnen geht es darum, die Lebensrealität von Daniel und seiner Familie zu zeigen – mit all ihren Tabus und Zwängen, jenseits aller Schuldzuweisungen. „In unserem Fall soll es kein Richtig und Falsch, Gut und Böse geben“, sagt Regisseur Loose.

    Fazit: Der zweite Fall für Lina Beckmann als Kommissarin Melly Böwe in Rostock ist ein sensibler, psychologisch fein austarierter  Seelenstrip und lohnt sich  - obwohl der Täter von Anfang an feststeht.

    Am 19. Februar um 20:15 Uhr läuft der „Polizeiruf 110: Daniel A.“ im Ersten.