Die Kommissare Ballauf und Schenk feiern heute ihrer 90. Fall: „Diesmal ist es anders“. Denken Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär nach 27 Jahren auch ans Aufhören?
Ein Artikel von HÖRZU Reporter Thomas Kunze
Der Köln-Krimi beginnt ungewohnt romantisch: Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) verliebt sich. Und „Diesmal ist es anders“, verspricht der Titel des neuen „Tatort“ (So, 23. April, 20.15 Uhr im Ersten). Denn Ballauf hatte in der Vergangenheit schon so viele Affären, dass ihn sein Kollege Freddy Schenk (Dietmar Bär) einen „Streuner“ nennt. Nun scheint er endlich die Richtige gefunden zu haben: Journalistin Nicola Koch (Jenny Schily) steht mitten im Leben. „Es ist kein Flirt, keine kurze Affäre.
Die beiden begegnen sich auf Augenhöhe“, sagt Behrendt im Gespräch mit HÖRZU. „Und Max, der sich auch übers Älterwerden Gedanken macht, hat die Sehnsucht, in einer festen Beziehung anzukommen.“ Um das optisch zu betonen, haben Regisseur Torsten C. Fischer und sein Team die Begegnungen in ein goldenes Licht getaucht. Doch als Nicola in einen Mordfall ihrer Freundin Mariella (Leslie Malton) verwickelt wird, beginnen die Zweifel.
Ballauf ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach der erfüllenden Beziehung und seinem professionellen Misstrauen als Polizist. Dabei gerät er in Gewissenskonflikte und macht Fehler bei der Arbeit, die ihm Ärger mit Kollege Schenk einbringen. Mit der Frage, wie die Liebesgeschichte ausgeht, bekommt der Krimi neben dem Mordfall eine zweite Spannungsebene. „Das gibt der Handlung eine besondere Fallhöhe und Tiefe“, sagt Dietmar Bär über den außergewöhnlichen 90. Fall der Kölner. „Ich war emotional stark berührt, als ich den fertigen Film gesehen habe“, sagt er. „Wir haben ja nur das Drehbuch als Grundlage. Wie der Film schließlich aussieht, wissen wir vorher nicht, denn auf den Schnitt und die Lichtgestaltung haben wir keinen Einfluss.“
Und der Schauspieler ergänzt: „Mit Regisseur Torsten Fischer ist es jedes Mal ein sehr arbeitsintensiver Prozess. Aber es lohnt sich, denn es kommt immer etwas Besonderes dabei heraus.“ Für Bär und Behrendt sind die wechselnden, stets sehr ambitionierten Regisseure und Regisseurinnen ein Grund dafür, dass sich der Kölner „Tatort“ nicht abnutzt: „Für sie ist der ‚Tatort‘ eine Visitenkarte, für die sie alles geben“, sagt Behrendt.
Auch sonst bleibt die Aufgabe für ihn nach 27 Jahren noch spannend: „Es sind immer wieder neue Geschichten, neue Bücher, neue Teams – und alle versuchen, das Maximum herauszuholen.“ Die Gefahr, in Routinen zu verfallen, fürchten beide nicht. „Es sind immer wieder neue Konstellationen, und jeder Film ist anders. Wir machen ja nicht seit 27 Jahren das Gleiche, sondern stellen uns für jeden Film neu auf“, sagt Bär. Als sie 1997 anfingen, war ihnen ein gutes Arbeitsklima wichtig. Ihr freundschaftliches Verhältnis haben sich die beiden Hauptdarsteller über all die Jahre erhalten: „Man braucht eine gute Atmosphäre, um einen guten Film zu machen“, sagt Bär.
„Konflikte ergeben sich aus den Drehbüchern. Dafür sind die beiden Kommissare als unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen Ansichten und Meinungen angelegt. Daraus ergibt sich Reibung und Spannung vor der Kamera.“ Anders als Axel Milberg in Kiel oder die Münchner Kollegen Udo Wachtveitl und Miro Nemec denken weder der 63-jährige Bär noch der ein Jahr ältere Behrendt ans Aufhören. „Die Frage, wie lange wir noch weitermachen wollen, hören wir ständig“, sagt Dietmar Bär. „Aber es gibt für uns keinen Grund, ans Aufhören zu denken.“
Und Behrendt stellt klar: „Die Frage stellt sich uns gar nicht. Wir haben gerade einen neuen mehrjährigen Vertrag unterschrieben.“ Und Bär ergänzt: „Ich bin sehr froh über diese Rolle. Für mich ist dieser ‚Tatort‘ ein goldener Arbeitsplatz.“ 1997 als junge Kommissare angetreten, haben sie inzwischen längst eine Ära mit teils herausragenden Filmen geprägt. Eines ihrer Markenzeichen ist ihre bodenständige, authentische Art sowie der sozialkritische Ansatz ihrer meisten Fälle. Dafür ernten sie regelmäßig herausragende Quoten: um die neun Millionen Zuschauer, oft auch eine Zahl im zweistelligen Millionenbereich. Das ist ein weiterer Ansporn: „Unser Publikum ist 27 Jahre lang mit uns mitgegangen. Dafür sind wir dankbar. Das ist eine Verpflichtung, weiterhin Qualität abzuliefern“, so Behrendt. Die Münchner Kollegen hören mit ihrem 100. Fall auf – Behrendt und Bär drehen gerade ihren 93. Film: eine Zeitreise in die Techno-Szene der frühen 90er-Jahre.
Bei drei Filmen pro Jahr ist abzusehen, dass sie mehr als 100 Folgen erreichen und damit Rekordhalter werden. Ein Anreiz? „So denke ich nicht“, sagt Klaus J. Behrendt. „Es geht immer nur um den nächsten Film. Und der hat es in sich.“