Der Eishai gilt als das weltweit älteste Wirbeltier. ln der Doku „GRÖNLAND: WILDE NATUR“ geht Meeresbiologe Uli Kunz auf die Suche nach der rätselhaften Kreatur.
Gefährlicher Killer, eleganter Schwimmer, Geschwindigkeitskünstler? Nicht der Grönlandhai! Er widerspricht so ziemlich jedem Klischee über seine Art. Sein plumper Körper hat verkümmerte Brustflossen, mit denen er sich langsam und schwerfällig durch die dunklen, eisigen Gewässer der Arktis bewegt. Seine stumpfe Schnauze trägt zu seiner unförmigen Gestalt bei. Oft trüben rosafarbene, wurmartige Parasiten, die von den Hornhäuten der Augen baumeln, seine Sicht. Und er frisst mitunter Aas, etwa Eisbärkadaver, die ins Meer sinken. Selten konnten Eishaie, wie die Art auch genannt wird, bisher beobachtet und gefilmt werden: Normalerweise leben sie in bis zu 2000 Metern Tiefe. Meeresbiologe Uli Kunz wagt einen neuen Versuch: In der Doku „Grönland: Wilde Natur“ (Do, 5. Januar, 20.15 Uhr bei Arte und in der Mediathek) reist er nach Ostgrönland zur Inuitsiedlung Tasiilaq, um den erfahrenen Jäger und Fischer Julius Nielsen zu treffen, der dort geboren und erzogen wurde. Von ihm will Kunz lernen, wie Inuit Eishaie fangen.
Früher wurde das Tier gejagt, um aus seiner Leber Lampenöl zu gewinnen. Heute landet es meist als ungewollter Beifang im Netz, denn sein Fleisch ist kaum genießbar. Bei den Inuit aber ist es Teil der traditionellen Ernährung: eine Spezialität, die Hákarl genannt wird. Eishai müsse einige Monate im Schnee liegen und dann getrocknet werden, erklärt Nielsen in der Doku: „Erst dann essen die Menschen ihn. Und die Hunde auch. Die Jugend mag das nicht, aber die Älteren lieben es.“ So wenig attraktiv das Tier auf den ersten Blick erscheint, es ist ein faszinierendes Forschungsobjekt: Der Grönlandhai hat die höchste Lebenserwartung aller Wirbeltiere.
2016 untersuchten Wissenschaftler Eishaie, die als Beifang verstorben waren stellten fest, dass der älteste mindestens 272 Jahre alt gewesen sein musste, vielleicht sogar bis zu 512 Jahre. John Fleng Steffensen, Meeresbiologe an der Universität Kopenhagen und Leiter der Studie, gelang die Altersbestimmung, indem er Augenlinsen der Tiere analysierte. Im Gegensatz zu den meisten Geweben, in denen neue Zellen wachsen, werden Augenlinsen bei der Geburt produziert und bleiben außerordentlich stabil. In der Mitte der orangengroßen Augen befindet sich der Kern, der den ursprünglichen Kohlenstoff enthält.