Das geschah im riesigen Imperium wirklich: Dank neuester Erkenntnisse sind die Ursachen für den Zusammenbruch des römischen Reiches heute genauer bekannt. Die neue Arte-Doku "Rom - Untergang einer Weltmacht" zeigt, wie die größte Macht ihrer Zeit zu Fall kam.
Es war das Jahr 476 nach Christi Geburt, als der siegreiche Offizier Odoaker die Krone und das Zepter des weströmischen Kaisers nach Konstantinopel schicken ließ. Die Insignien der Macht erklärte er für nutzlos, man brauche im Westen keinen Kaiser mehr. Romulus Augustus, den damals etwa 16-jährigen letzten weströmischen Kaiser in Italien, schickte er in den Ruhestand – und markierte so das schmähliche Ende einer Weltmacht, des tausend Jahre währenden Imperium Romanum. Odoaker selbst, der germanischer Abstammung war und ein römisches Söldnerheer geführt hatte, wurde König von Italien.
Rom war die erste Weltmacht, in seiner Hochzeit erstreckte sich das Reich über drei Kontinente: rund ums Mittelmeer und vom heutigen England und Deutschland bis weit in den arabischen Raum. Im Jahr 395 wurde das Imperium geteilt, das Oströmische Reich währte bis 1453, beinahe tausend Jahre länger als der Westen. Wie konnte es passieren, dass ein so gut organisierter, auch kulturell hoch entwickelter Staat niederging? Ganze 210 mögliche Erklärungen zählte der Historiker Alexander Demandt schon 1984 in seinem Buch „Der Fall Roms. Die Auflösung des römischen Reiches im Urteil der Nachwelt“. Bestehende Thesen prüfen, neue Antworten finden: Diesen Aufgaben widmen sich Forscher unter anderem auch in einer neuen TV-Dokumentation. Nach aktuellem Stand gelten die folgenden sieben Faktoren als besonders ausschlaggebend:
Oft ist auch von Führungsversagen die Rede, von Inkompetenz und Korruption. Wirtschaftliche Krisen und militärische Konflikte schwächten das Reich im zweiten und dritten Jahrhundert, den Regierenden gelang es nicht, für Stabilität zu sorgen. Viele Kaiser regierten nur kurz – und wurden ermordet. Kaiser Diokletian führte 293 die Tetrarchie ein: vier Machtbereiche mit bis zu vier Kaisern. Das brachte einerseits Stabilität, rief andererseits aber Rivalitäten hervor. Zudem gewannen die Militärführer der Kaiser immer mehr Einfluss, die Macht der Regenten ging zurück.
Sehr populär, aber nicht unumstritten ist zurzeit die These, Klimaveränderungen hätten zu Missernten und Hungersnöten geführt. Der US-amerikanische Wissenschaftler Kyle Harper beschreibt sie in seinem viel beachteten Buch von 2017 „The Fate Of Rome: Climate, Disease And The End Of An Empire“ (deutsch: „Fatum: Das Klima und der Untergang des Römischen Reiches“, C. H. Beck, 568 Seiten, 32 Euro). Andere Theorien sehen Klimaphänomene gar als Ursachen der sogenannten Völkerwanderung.
Der zeitweise gewaltige Umfang des Imperiums bewies einerseits dessen Stärke, machte es andererseits aber auch verletzlich. In einem Gebiet, das von Spanien bis in den heutigen Irak reichte, weite Teile Westeuropas sowie das gesamte Nordafrika einschloss, waren Kommunikation, Logistik und Verwaltung mehr als schwierig. Zudem machte das geografische Ausmaß der Außengrenzen das Reich verletzlich für fremde Angriffe – die Verteidigung erforderte enorm großen Aufwand. Und auch die bereits beschriebenen Seuchen konnten sich dank zunehmender Mobilität sowie mangels Grenzen ungehemmt ausbreiten.