Schön schräg und gut zu Fuß: Der Kiwi ist ein ungewöhnlicher Vogel

16.01.2023 um 18:29 Uhr
    Der Schnabel des Kiwis wird bis zu 20 Zentimeter lang und ist leicht gekrümmt | © Imago
    Der Schnabel des Kiwis wird bis zu 20 Zentimeter lang und ist leicht gekrümmt. | ©Imago

    Ein schräger Vogel, der aufs Fliegen pfeift: Neuseelands Nationalvogel geht lieber zu Fuß – und führt auch sonst ein außergewöhnliches Leben. Eine TV-Doku stellt ihn und weitere schräge Laufvögel vor.

    Woran erkennt man einen Vogel? Er hat Federn, fliegt und zwitschert mehr oder weniger harmonisch. Auf den Kiwi trifft das nicht zu. Neuseelands inoffizielles Wappentier geht lieber zu Fuß. Das Gefieder ähnelt Haaren, seine Rufe klingen wie eine schlecht geölte Tür – oder wie gestresste Ferkel. Trotzdem wird der Sonderling in seiner Heimat geliebt: „Kiwis sind ein bedeutendes nationales Symbol, das von allen Kulturen Neuseelands gleichermaßen geschätzt wird“, betonen die Experten vom Department of Conservation, einer Regierungsbehörde, die sich um das natürliche und historische Erbe des Landes kümmert.

    Vor allem die Maori, Neuseelands Ureinwohner, sehen in dem schrägen Vogel einen sogenannten „Taonga“ – einen Schatz! Mit zahlreichen Projekten soll das Aushängeschild des dortigen Artenschutzes vor dem Aussterben bewahrt werden. „Es gibt nur noch rund 68.000 Kiwis“, beklagen die Behördenvertreter in ihrer aktuellen Bilanz. „Wir verlieren jedes Jahr zwei Prozent unserer nicht geschützten Kiwis, das sind etwa 20 pro Woche.“

    Kiwis sehen aus wie puschelige Bälle auf Beinen

    Früher hatten die fünf verschiedenen Kiwiarten wenig zu befürchten. Auf Neuseelands Inseln gab es keine größeren Raubtiere. In die Lüfte flüchten? Nicht nötig. Ob die nachtaktiven Vögel im Verlauf der Evolution jemals fliegen konnten, darüber streiten die Forscher. Fest steht: Die Flügel sind heute nur noch sinnlose Stummel. So sehen Kiwis eher aus wie puschelige Bälle auf Beinen. Niedlich, aber wehrlos. Das erwies sich als fatal, als mit den Europäern auch fremde Räuber auf die abgelegenen Inseln kamen: Hunde, Katzen, Ratten, Hermeline, Frettchen. Vor allem die Jungvögel leiden.

    "Die schrägsten Vögel der Welt" bei 3sat (Mo, 16 Januar)

    „Kiwiküken sind dem Angriff der Hermeline schutzlos ausgeliefert, bis sie ein Gewicht von etwa einem Kilogramm erreicht haben“, erklärt das Department of Conservation. „Ab diesem Zeitpunkt können sie sich in der Regel selbst verteidigen.“ Dabei haben die Küken sogar einen unschätzbaren Vorteil: Sie kommen nicht nackt und blind auf die Welt, sondern schlüpfen als perfekte Miniaturausgabe der Erwachsenen. Sie müssen nicht mal gefüttert werden und suchen sich nach einer Woche schon selbst Nahrung. Also kein Stress für die Eltern? Doch. Denn die eigentliche Arbeit kommt vor dem Schlüpfen.

    Der Nördliche Streifenkiwi sieht frisch geschlüpft schon aus wie seine Eltern. | ©Imago

    Kiwimütter legen Rieseneier – bei einigen Arten mit bis zu 30 Prozent des eigenen Körpergewichts! Zum Schluss bleibt kaum noch Platz für die inneren Organe. Das Ausbrüten übernimmt dann der Vater. Mehr als zehn Wochen verharrt er auf dem Ei – eine der längsten Brutzeiten in der ganzen Vogelwelt. Eine Mahlzeit aus der TIEFE Der spitze Superschnabel muss bei den Küken allerdings noch wachsen. Den brauchen sie nämlich, um im Erdreich nach Regenwürmern, Tausendfüßern und Insektenlarven zu stochern. Jede Bewegung ihrer Beute können die Kiwis sicher ertasten. Auch der Geruchssinn hilft: Ihre Nasenöffnungen liegen an der Spitze und nicht an der Basis des Schnabels

    Neuseelands Symboltier gilt als bedroht, doch es gibt Hoffnung

    100.000 Kiwis bis zum Jahr 2030 – das ist das ehrgeizige Ziel des Department of Conservation. Dazu kontrollieren Helfer die Zahl der Raubtiere in Schutzgebieten. Ohne diese Beschränkung von Hunden und Hermelinen erreichen nur fünf Prozent der Küken das Erwachsenenalter. Bei der „Operation Nest Egg“ werden Eier, die mindestens 25 Tage alt sind, aus den Nestern gesammelt und in einer Aufzuchtstation ausgebrütet. Damit sich die Kleinen nicht an Menschen gewöhnen, landen sie anschließend in „Kinderkrippen“. Gemeinsam lernen sie, ein Kiwi zu sein – bevor es rausgeht in Neuseelands Wildnis.

    "Die schrägsten Vögel der Welt - Verblüffend anders": Mo, 16 Januar, 20.15 Uhr bei 3sat und in der Mediathek.