"Albtraum Ferienlager? Wie gefährlich sind Kinder- und Jugendreisen?

13.08.2024 um 14:30 Uhr
    Eine Undercover-Recherche offenbart die Schattenseiten von Feriencamps. | © SWR Anbieter von Kinder- und Jugendreisen versprechen Abenteuer im Sommer: Zelten ohne Eltern im Ausland oder Urlaub auf dem Bauernhof. Ein verlockendes Angebot für wenig Geld. Doch eine Undercover-Recherche offenbart die Schattenseiten von Feriencamps. | ©SWR

    In Ferienlagern kommt es offenbar immer wieder zu Alkohol- und Drogenmissbrauch, sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie überforderten Betreuer:innen. Dies zeigt eine neue SWR-Doku des Investigativformats "Vollbild", die in der ARD-Mediathek abrufbar ist.

    Kinder und Jugendliche werden in Ferienlagern nicht immer gut betreut. Alkohol und Drogen sind bei Jugendreisen offenbar immer wieder präsent. Das erzählen ehemalige Teilnehmerinnen und ein ehemaliger Betreuer in der Doku "Albtraum Ferienlager? Wie gefährlich sind Kinder- und Jugendreisen?“ Bewertungen großer Anbieter auf Online-Plattformen stützen dies. Kommerzielle Anbieter von Ferienlagern legen teilweise zu wenig Wert auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch.

    Sexueller Missbrauch durch Betreuer

    Eine junge Frau berichtet im Interview, dass sie als Kind im Ferienlager sexuell missbraucht wurde. Hilfe von anderen Betreuerinnen und Betreuern habe sie nicht erhalten. "Die anderen Betreuer wussten alle davon, da bin ich mir ziemlich sicher", sagt sie, denn es sei offensichtlich, "wenn ich nicht mit den anderen Kindern zusammen schlafe, sondern bei ihm. Aber es hat niemand was dazu gesagt." Der Betreuer hat sich an ihr über mehrere Jahre sexuell vergangen. Nach Jahren des Albtraums hat sich das Mädchen schließlich seinen Eltern gegenüber geöffnet. Der Täter wurde angezeigt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

    Ein erweitertes Führungszeugnis kann verhindern, dass vorbestrafte Sexualstraftäter*innen als Betreuer*innen Zugriff auf Kinder und Jugendliche bekommen. Die Beantragung ist für ehrenamtliche Tätigkeiten in der Regel kostenlos. Expert:innen bezeichnen die Vorlage als Mindestanforderung für jegliche Arbeit mit Kontakt zu Kindern und Jugendlichen. Einer der größten kommerziellen Anbieter von Kinder- und Jugendreisen in Deutschland, Jugendtours Jugendreisen, verlangt nach "Vollbild"-Recherchen von seinen Betreuenden kein solches erweitertes polizeiliches Führungszeugnis. Der Anwalt von Jugendtours teilte mit, dass keine gesetzliche Pflicht bestehe, ein erweitertes Führungszeugnis zu verlangen. Außerdem biete dieses "keinerlei Sicherheit", da laufende Verfahren nicht einflössen. Auch frühere Straftaten seien darin nicht vollumfänglich ersichtlich.

    "Vollbild"-Recherchen zeigen, wie einfach es ist, als Betreuer im Kinderferienlager zu arbeiten: Ein Reporter hat sich undercover im Ferienlager beim Anbieter Jugendtours Jugendreisen beworben. Um dort arbeiten zu können, musste er lediglich eine fünfstündige Online-Schulung absolvieren. Durch den Abschlusstest, dessen Bestehen Jugendtours auf seiner Webseite zur Bedingung macht, fiel er absichtlich durch. Bei einer Nachschulung musste der Lockvogel lediglich eine Frage richtig beantworten: Was zu beachten sei, wenn man mit Kindern einen Ausflug macht? Die richtige Antwort: Darauf zu achten, dass alle vorher noch einmal auf die Toilette gehen. Anschließend durfte er eine Woche lang im Ferienlager sechs- bis zwölfjährige Kinder betreuen.