„Am Abgrund“: ARD-Drama mit „Tatort“-Star thematisiert weltweiten Kampf um Rohstoffe

06.03.2024 um 14:15 Uhr
    Gerd Meineke (Hans-Jochen Wagner) wird in "Am Abgrund" vom Europarat zur Wahlbeobachtung in Aserbeidschan eingesetzt. | © SWR Gerd Meineke (Hans-Jochen Wagner) wird in "Am Abgrund" vom Europarat zur Wahlbeobachtung in Aserbeidschan eingesetzt. | ©SWR

    Das TV-Drama „Am Abgrund“ eröffnet heute den ARD-Themenabend #UnsereErde – Kampf um Rohstoffe“, mit dem der preisgekrönte Journalist Daniel Harrich eine gesellschaftliche Debatte auslösen möchte.

    Ein Artikel von HÖRZU-Reporter Sven Sakowitz

    Der Plan klingt eigentlich gut: Damit Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral wird, ersetzen wir Öl und Gas, nutzen Wind und Sonne, bauen moderne E-Autos. Schaut man etwas genauer hin, ist dieser Umbau der Wirtschaft mit zahllosen Problemen verbunden, die bislang zu wenig diskutiert werden. Das meint der preisgekrönte Journalist Daniel Harrich, der mit dem groß angelegten ARDThementag „#UnsereErde – Kampf um Rohstoffe“ (Mi, 6. März, 20.15 Uhr im Ersten) eine Debatte auslösen möchte. Mit dem Spielfilm „Am Abgrund“ führt er ins Thema ein, im Anschluss läuft eine vertiefende Doku. Zum Angebot gehört zudem eine dreiteilige Doku in der ARD-Mediathek.

    Im ARD-Drama „Am Abgrund“ hat der Politiker Gerd Meineke, gespielt von „Tatort: Freiburg“-Kommissar Hans-Jochen Wagner,  ein Problem: Stieftochter Leyla (Luna Jordan) wurde in Aserbaidschan inhaftiert, weil sie dort für Demokratie und gegen Umweltzerstörung kämpft. Entsetzt stellt er fest, dass deutsche Politiker auf der Gehaltsliste des Landes stehen. Mit ihrer Lobbypolitik verharmlosen sie das autokratische Regime und ermöglichen es der einstigen Sowjetrepublik, Rohstoffe ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt abzubauen.

    „Am Abgrund“ - Mi, 6. März, 20.15 Uhr im Ersten

    Harrich holt weit aus und beleuchtet den Themenkomplex von allen Seiten. Ausgangspunkt seiner Betrachtungen ist die Tatsache, dass zur Energiewende knappe Rohstoffe benötigt werden – und zwar in unfassbaren Mengen. Für Solarstromanlagen, Akkus und E-Antriebe etwa Lithium, Kobalt und Kupfer. Diese Rohstoffe sind nicht nur rar, sondern stehen auf den Einkaufslisten vieler Staaten. So geht das französische Institut ISTerre davon aus, dass der weltweite Kupferbedarf von heute etwa 20 Millionen Tonnen pro Jahr innerhalb von 60 Jahren auf bis zu 100 Millionen Tonnen steigen wird.

    „Europa, China, die USA und andere befinden sich im Wettkampf um diese Rohstoffe, der einem Goldrausch ähnelt“, sagt Harrich im Gespräch mit HÖRZU. „Wir sind mitten in einem globalen Handelskrieg, der die nächsten 100 Jahre bestimmen wird.“ Deutschland liege dabei weit hinten. „China dominiert das Geschäft“, so Harrich. „Das Land besitzt viele Rohstoffe selbst und hat den Markt in manchen Bereichen leer gekauft. Selbst Rohstoffe, die nicht im chinesischen Besitz sind, müssen zur Weiterverarbeitung dorthin, weil hier die Infrastruktur fehlt. Wenn Deutschland nicht aufholt, gehen Millionen Arbeitsplätze verloren.“

    Die deutsche Wirtschaft schickt ihre Vertreter auf der Suche nach Lithium, Kobalt & Co. deshalb um die ganze Welt. Wo noch Fördermengen verfügbar sind, lauert ein anderes Problem: „Der Abbau von Rohstoffen in den gigantischen Minen geht meist mit Umweltzerstörung, enormer Klimabelastung und brutalen Arbeitsbedingungen einher“, erklärt Harrich. „Wenig davon ist mit unseren Standards vereinbar. Wenn bei uns in Werbespots für E-Autos so getan wird, als stünden diese für die menschenfreundliche klimaneutrale Zukunft, ist das Augenwischerei.“

    SPD-Politiker Frank Schwabe (Foto l.) deckte mit einigen Kollegen die „Aserbaidschan-Connection“ auf. In der Doku nach dem Spielfilm geht es unter anderem um seine Recherchen.

    Eine weitere Frage, die der Journalist stellt, lautet: Sind Geschäfte mit zweifelhaften Staaten zulässig? Im Auftaktfilm und der anschließenden Doku wird das am Beispiel Aserbaidschan diskutiert. Es geht um jene deutschen Parlamentarier, die sich als Abgeordnete des Bundestags und des Europarats vom Regime des autokratischen Präsidenten Ilham Alijew schmieren ließen und im Gegenzug Lobbypolitik für das Land betrieben. Der SPD-Politiker Frank Schwabe kämpft mit einigen Kollegen gegen dieses Geflecht.

    Harrich begleitete sie und verspricht neue Erkenntnisse. „Wir decken in der Doku auf, dass Aserbaidschan nicht nur wegen des Öls und des Gases für Deutschland interessant ist, sondern auch wegen kritischer Rohstoffe, die für die Energiewende wichtig sind“, sagt Harrich. „Es wird deutlich: Eine Autokratie muss keine fundamentale Kritik fürchten, solange sie ausreichend Rohstoffe besitzt.“ Aber gibt es überhaupt Alternativen? Das ist eine weitere von vielen wichtigen Fragen, die nach dem Themenabend hoffentlich breit diskutiert werden.