Oft machen billige Zutaten wie künstliche Aromen die Snacks so lecker – und auch ungesund. Der ZDF-„Besseresser“-Tester zeigt die Tricks der Hersteller.
Ein Artikel von HÖRZU-Redakteurin Bettina Koch
Ob süß oder salzig, knackig oder knautschig: Viele Knabbereien fühlen sich richtig gut an im Mund und kitzeln auch die Geschmacksrezeptoren. Dann nimmt man schnell mehr davon, als einem guttut – denn oft steckt eher Ungesundes drin. Der gelernte Koch Sebastian Lege hat sich zum Produktentwickler weitergebildet und ist seit 2013 das Gesicht der „Besseresser“-Reihe im ZDF. In der neuen Folge (Di, 22. April, 20.15 Uhr im ZDF) führt er Schummeleien bei gefragten Snacks vor.
Zur Trickkiste zählen Billigzutaten, fantasievolle Volumenvermehrung und Marketingmagie. Fettreduziert – dafür aber mehr Zucker Sebastian Lege nimmt bekannte Produkte unter die Lupe und stellt sie in der Versuchsküche der Produktionsfirma Story House in Neuss mit Profiwissen und Aufwand selbst her.
Etwa die lustigen „Pom-Bären“: Diese Variante der Kartoffelchips gilt zu Recht als Kalorienbombe. Ihr Genuss macht vielen ein schlechtes Gewissen: Denn sobald man in die Packung gegriffen hat, ist Aufhören fast unmöglich. Hersteller schaffen Abhilfe, indem sie den Fettanteil ihrer Produkte reduzieren. Branchenriese Intersnack backt daher seine „Pom-Bär Ofen Minis“, statt sie zu frittieren, und bewirbt sie als luftige, fettarme Knabberei mit 50 Prozent weniger Fett als das Original.
„Dann kann ich ja jetzt die ganze Tüte essen“, frohlockt Lege zunächst. Doch dann entlarvt er den Knusper-Trick: Zucker ist das Wundermittel, das die Chips ohne Frittierfett kross macht. Während die Original-„Pom-Bären“ nur 2,2 Gramm Zucker pro 100 Gramm enthalten, sind es bei der fettreduzierten Version 15 Gramm – mehr als sechsmal so viel. So werden kaum Kalorien gespart. Und in der Ummantelung geben Geschmacksverstärker den Kick, der einen immer wieder zum Weiterknabbern zwingt: „Schon ein bisschen wie ein Drogendealer“, findet Lege.
Mini-Berliner sind beliebt und liegen in zahlreichen privaten Tiefkühltruhen. Weicher Hefeteig, innen ein Kern aus fruchtiger Marmelade. In manchen Regionen gehören sie zum typischen Faschings- und Silvestergebäck, außerhalb dieser Wochen sind sie beim Bäcker nicht zu bekommen. Doch die Tiefkühlindustrie bietet sie inzwischen das ganze Jahr über an. Deutlich günstiger als beim Bäcker.
In einer Düsseldorfer Handwerksbäckerei schaut sich Sebastian Lege an, wie die Krapfen traditionell hergestellt werden: von Hand, mit Hefe, Butter, Vanille und Eigelb als natürlichem Emulgator. Über Stunden gärt der Vorteig und später noch mal der Krapfenteig. In den TK-Berlinern hingegen binden künstliche Emulgatoren den Teig, „Palmfett simuliert die Butter“, so der TV-Tester. Statt acht Zutaten wie beim Bäcker stecken 14 Komponenten und Zusatzmittel im Gebäck. Gespart wird auch bei der Fruchtfüllung: „Sie besteht hauptsächlich aus Zucker, Glukosesirup und Geliermitteln“, weiß Lege, „eigentlich müsste man das Bonbonmasse nennen.“ Beeren & Co. – und damit die Konfitüre – sind teuer.
Steht auf der Packung nur „Fruchtfüllung“ und nicht „Konfitüre extra“, ist der Obstgehalt in der Füllung verschwindend gering, für einen fruchtigen Geschmack werden dann künstliche Aromen eingesetzt. Wenig Nüsse, viel Teig mit Salz Zu großer Knabberlust verführen auch Erdnüsse. Bei den „NicNacs“, einer Erfindung der Firma Lorenz, umgibt die Kerne noch eine knusprige Teighülle. Ein Bestseller. Längst wird das Produkt von vielen Herstellern kopiert. Denn es ist lukrativ: Während Erdnüsse hochwertig und vergleichsweise teuer sind, besteht der Teig aus günstigen Zutaten wie Stärke und Mehl sowie gehärtetem Rapsöl, das in dieser Form zu den ungesunden Fetten gehört.
Zwiebelgranulat und Salz würzen das Ganze: 100 Gramm der ummantelten Nüsse enthalten zwei Gramm Salz, das Doppelte unseres Tagesbedarfs. Und – Überraschung – auch eine Menge Zucker steckt in der krossen Hülle: „Zucker sorgt für Geschmack, aber auch für den perfekten Bräunungsgrad“, weiß Produktentwickler Lege. Der Teiganteil macht je nach Produktversion die Hälfte bis zwei Drittel des Snacks aus: „Das Prinzip ist sehr, sehr pfiffig.“
Ein Verkaufsschlager sind auch die „Weißen Mäuse“ des Süßwarenkonzerns Haribo. Die Schaumzuckertiere sind soft an der Oberfläche und knautschig beim Reinbeißen. Lebensmittelexperte Lege führt in seiner Versuchsküche vor, wie aus Zucker und Gelatine eine Masse entsteht, die beim Aufschlagen mit ordentlich viel Luft ihr Volumen vervielfacht. Aus solchem Schaumzucker sind auch XXL-Raupen in Regenbogenfarben, niedlich kleine mit Zucker umhüllte Bananen oder Erdbeeren mit stark künstlichem Aroma zu haben. Das Schema bleibt immer gleich: Auf der Zutatenliste stehen Zucker, Dextrose und Glukose. Die Kombination dieser drei Zuckerarten zaubert die zarte Textur, Gelatine schafft die fluffige, gummiartige Konsistenz. Die wichtige dritte Zutat ist: Luft.
Lege stellt fest: „Mäuse machen Mäuse!“ Wie wir Knabberkram besser widerstehen Der Produkttester selbst ist für Süßes nicht anfällig: „Ich esse keinen Zucker, auch keine verarbeiteten Produkte“, sagt Sebastian Lege, „aber ich bin kulinarischer Junkie, ich liebe gutes Essen.“ Er plädiert: „Es wäre wichtig, in Kitas und Schulen eine emotionale Verbundenheit zu guten Lebensmitteln aufzubauen. Schul- und Kitaessen sollte man stark kontrollieren. Unbedingt braucht es dazu eine Zuckergrenze.“
Denn wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, kommt schwer davon los. Aber man kann sich als Snack zum Fernsehabend eine Mischung verschiedener Nusssorten, ohne Teighülle, und Apfelschnitze hinstellen – die sind wunderbar knackig und haben auch eine zarte Hülle.