Der österreichische Regisseur Adrian Goiginger erzählt in seinem dritten Spielfilm „Der Fuchs“, der heute (15. November) TV-Premiere bei Arte feiert, eine berührende Episode aus dem Leben seines Urgroßvaters: Der junge Soldat Franz findet 1940 einen verwaisten Fuchswelpen und nimmt ihn auf. Während des Frankreichfeldzuges wird das Tier sein engster Freund und hilft ihm, das schreckliche Leid des Krieges zu ertragen.
Die erzählenswertesten Geschichten liefert häufig das Leben selbst. Auch der österreichische Regisseur Adrian Goiginger, Jahrgang 1991, findet hier regelmäßig neue Filmstoffe. Sein preisgekröntes Spielfilmdebüt "Die beste aller Welten" handelt von seiner eigenen Mutter, der es trotz ihrer Heroinsucht gelang, ihm eine schöne Kindheit zu bereiten. Der Nachfolger "Märzengrund" handelt von einem jungen Bauernsohn, der, überfordert von der Zivilisation, für viele Jahrzehnte als Einsiedler in die Berge zieht. Goigingers dritter Kinofilm "Der Fuchs", der nun zur Primetime bei ARTE als Free-TV-Premiere läuft, basiert wiederum auf Erinnerungen seines eigenen Urgroßvaters Franz Streitberger.
1917 in eine kinderreiche Bauernfamilie hineingeboren, wird Franz schon früh ein Trauma zugefügt, von dem er sich nie erholen wird. Aus Not geben seine Eltern (Karl Markovics und Karola Niederhuber) den Achtjährigen zu einem Großbauern, wo er mehrere Jahre als Knecht schuften muss. 1937 verlässt Franz den Bauern und verpflichtet sich beim Bundesheer. Auch hier bleibt er ein Einzelgänger, ein Sonderling in den Augen der Kameraden, der nicht viel redet. Kein Wunder: Dass er von seiner eigenen Familie abgeschoben und in Stich gelassen wurde, hat Franz' Vertrauen und seine Fähigkeit zu zwischenmenschlichen Beziehungen nachhaltig beschädigt.
1938 wird Franz zur Wehrmacht eingezogen, 1940 als Motorradkurier im Frankreichfeldzug eingesetzt. Kurz vor dem Start findet er im Wald einen verletzten Fuchswelpen: klein, schutzlos und verängstigt - wie er selbst Jahre zuvor. Franz pflegt den Findling gesund und nimmt ihn, in der Satteltasche oder Uniformjacke verborgen, mit in den Krieg. "Ich pass auf, dass dir nix passiert, das versprech ich dir", flüstert er seinem neuen Freund zu, der nicht nur das klaffende Loch in seinem Herzen ein bisschen füllt, sondern ihm endlich einen Sinn gibt und ihn die Schrecken des Krieges besser durchstehen lässt. Etwa ein Jahr lang werden Franz und sein "Füchserl" zusammenbleiben.
So hat es Franz Streitberger, der 2017 im hohen Alter von 100 starb, seinen Enkeln und Urenkeln viele Jahre später erzählt, darunter dem kleinen Adrian Goiginger, der schon früh wusste, dass er einmal Filme drehen wollte. "Der Fuchs war die erste konkrete Filmidee als Teenager", erzählte Goiginger im Interview mit Peter Gutting vom Online-Magazin "film-rezensionen.de". "Für mich waren die Erzählungen meines Urgroßvaters ein Geschenk, weil er 1917 geboren wurde und so viel in seinem Leben erlebt hat. Die Freundschaft mit dem Fuchs ist ja wie ein Märchen, das ein Jahr dauerte, mitten im Krieg. Das war eine Geschichte, die mich schon in sehr jungen Jahren angesprochen hat."