Gebrochen, wütend – und dem Alkohol verfallen: Drei Jahre nach der Ausstrahlung des quotenstarken ZDF-Zweiteilers „Im Netz der Camorra“ schlüpft Tobias Moretti erneut in die Rolle des Mafiamanns und Winzers Matteo DeCanin. Bei HÖRZU spricht er über seine Rolle.
Ein Artikel von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz
Ein Bösewicht, für den Blut ein ganz besonderer Saft ist – ebenso wie Wein. Wobei man nie genau weiß, ob er gerade mit dem einen oder dem anderen befasst ist. Anders als 2021, als DeCanin noch auf dem Höhepunkt seiner kriminellen Karriere war und ein Leben im Reichtum führte, werden die Zuschauer in der Fortsetzung „Der Gejagte: Im Netz der Camorra“ (Mo, 3. Juni, 20.15 Uhr im ZDF) mit einem völlig anderen Mann konfrontiert: Nachdem seine Identität als Auftragsmörder des CasavatoreClans aufgeflogen ist und er sich im letzten Moment mit Gattin Stefania (Ursina Lardi) und Tochter Laura (Antonia Moretti) in Sicherheit bringen konnte, stirbt Stefania gleich zu Beginn des neuen Krimis bei einem heimtückischen Anschlag. Die Polizei sichert Matteo und Laura ihren Schutz zu, will aber im Gegenzug, dass der Winzer als Kronzeuge gegen den Casavatore-Clan aussagt.
Bis zum Prozessbeginn sollen Vater und Tochter versteckt auf einer ligurischen Insel leben – unter höchster Geheimhaltungsstufe. Im Gespräch mit HÖRZU erklärt Moretti die Situation seiner Figur: „Matteo ist nun ein gebrochener Mann, der mit dem Verlust seiner Frau nicht umgehen kann. Zudem ist er eingesperrt im Zeugenschutz – mit seiner Tochter, die sich ihm völlig entfremdet hat. Laura gibt Matteo die Schuld am Tod ihrer Mutter sowie an der Zerstörung ihres Lebens.“
Als der trauernde Witwer in der Isolation immer mehr dem Alkohol verfällt und Tochter Laura deshalb von der Insel flieht, setzt sich auch DeCanin aufs Festland ab. Er will seine Tochter wiederfinden, bevor die Mafia sie aufspürt. Und bald pflastern wieder Leichen den Weg des Ex-Killers. Die Fortsetzung des Mafia-Thrillers von 2021, die man auch ohne Kenntnis der beiden ersten Teile verstehen kann, setzt ganz neue Schwerpunkte. Einer von ihnen ist für Tobias Moretti die Härte von Zeugenschutzprogrammen. Denn Kronzeugen erhalten nur dann eine neue Identität, wenn sie gegen mächtige Angeklagte aussagen: „Über solche Programme wissen wir alle zu wenig – bis man selbst damit konfrontiert wird. Und das wird man nur, wenn man auf der anderen Seite steht. Insofern hat es immer etwas Kokettes oder Nichtwissendes, darüber ein Urteil zu fällen.“
Das zentrale Leitmotiv ist für Moretti aber ein anderes. „Man wird sein ‚altes Ich‘ nie los!“, sagt der 64-Jährige. „Für Matteo ist das Versprechen von Liebe und Zugehörigkeit, das er Stefania und Laura gegeben hat, genauso bedingungslos wie das einstige Gelübde für den Mafiaclan.“ Letztlich kämpfe DeCanin wieder mit jenen Mitteln, mit denen er als junger Mann auch für die Mafia gearbeitet habe – nun aber für seine Familie, resümiert der Charakterdarsteller. „Es ist Matteos Bedingungslosigkeit, die er im Guten wie im Schlechten einsetzt“, so Tobias Moretti. „In einer Story wie dieser stellt sich vor allem die Frage, wie weit man geht, um die Seinen zu schützen.“