Heino Ferch: Darum hat er es nie in Hollywood versucht

15.04.2024 um 17:15 Uhr
    Ingo Thiel (Heino Ferch, r.) lüftet in "Briefe aus dem Jenseits" ein grausames Geheimnis. | © ZDF
    Ingo Thiel (Heino Ferch, r.) lüftet in "Briefe aus dem Jenseits" ein grausames Geheimnis. | ©ZDF

    Fünfter Einsatz für Sonderermittler Ingo Thiel im ZDF: Gemeinsam mit einem pensionierten Kommissar sucht er nach einem Vermissten, der seit 27 Jahren verschwunden ist. Heino Ferch & Manfred Zapatka exklusiv im Interview zu neuen Ingo-Thiel-Fall, True Crime – und warum sie nie nach Hollywood gegangen sind.

    Sonderermittler Ingo Thiel (Heino Ferch) ist wieder im Einsatz – gemeinsam mit seinem ExKollegen Gerd Dennert (Manfred Zapatka). Der Fall: Obwohl Sven Nolden schon seit 27 Jahren verschwunden ist, kommen seine Eltern nicht zur Ruhe: Immer wieder erhalten sie Briefe eines anonymen Absenders namens Chris, der behauptet, der Vermisste sei wohlauf. "Briefe aus dem Jenseits": 15. April, 20.15 Uhr im ZDF.

    Ein Interview von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz

    HÖRZU: In „Briefe aus dem Jenseits“ suchen Sie einen Jungen, der seit fast drei Jahrzehnten vermisst wird. Warum ist der Fall außergewöhnlich?

    MANFRED ZAPATKA: Mich hat die Geschichte kalt erwischt, weil meine Figur, ein pensionierter Kommissar, den Fall während seiner Dienstzeit nicht aufklären konnte.

    Sein eigener Fehler?

    ZAPATKA: Leider ja! Er konnte das Geheimnis nicht lüften, weil er Vorurteile gegen Schwule hatte und einer falschen Fährte gefolgt war. Ein Fehler, durch den Dennert einen Großteil seines Lebens verpasst hat.

    HEINO FERCH: Für mich war es spannend, dass Ingo Thiel noch mal auf seinen pensionierten Ausbilder trifft. Ein Mensch, der unter dem Trauma leidet, dass er einen Cold Case während seiner Berufszeit nicht hat aufklären können.

    Ist so etwas realistisch?

    FERCH: Absolut! Für einen Kommissar gibt es nichts Schlimmeres, als einen Fall nicht lösen zu können – und den Hinterbliebenen nicht einmal mitteilen zu können, ob ein Vermisster überhaupt noch lebt.

    Herr Zapatka, 2024 feiern Sie Jubiläum: 60 Jahre Filmkarriere! Nach welchen Kriterien wählen Sie Rollen wie jene des Dennert in „Briefe aus dem Jenseits“?

    ZAPATKA: Früher habe ich das den Theatern und meiner Agentur überlassen, aber heute folge ich nur noch meinem Instinkt und höre auf mein Bauchgefühl.

    Haben Sie mit nun 81 Jahren einen Masterplan für die Zukunft? Etwa dafür, wann Sie aufhören möchten?

    ZAPATKA: Ganz ehrlich? Nein! Ich bin zwar längst in Rente, aber ein Vollblutschauspieler hat niemals einen Masterplan für die Zukunft. Wir sind ja keine Manager, leiten keine Unternehmen. Außerdem dreht sich das Rad für Schauspieler unaufhörlich weiter – weil’s immer starke Rollen gibt.

    Und das nicht nur hierzulande, sondern auch in Hollywood. Warum haben Sie Ihr Glück eigentlich nie in der Traumfabrik versucht, Herr Ferch?

    FERCH: Den Gedanken daran hat bestimmt jeder Schauspieler, aber es gibt einen Satz, der auf alle, die es drüben geschafft haben, zutrifft – und der lautet: „He is the guy from …“ Das bedeutet so viel wie dass man als einer von Tausenden Deutschen in Hollywood bereits einen derart starken Film gedreht haben muss – am besten einen mit einer Oscar-Nominierung –, dass man durch diese Rolle bereits drüben bekannt ist.

    Gibt’s dafür Beispiele?

    FERCH: Natürlich, zu den wenigen, die es geschafft haben, weil das auf sie zutraf, zählen etwa Maximilian Schell in „Das Urteil von Nürnberg“, Jürgen Prochnow mit „Das Boot“, Franka Potente mit „Lola rennt“, Christoph Waltz mit „Inglorious Basterds“, Thomas Kretschmann mit „Der Pianist“, Klaus Maria Brandauer mit „Mephisto“, Armin Mueller-Stahl mit „Music Box“ – und vielleicht bald auch Sandra Hüller dank „Anatomie eines Falls“. Nicht zu vergessen Ulrich Mühe, der nach „Das Leben der Anderen“ (2006) bestimmt ebenfalls gute Chancen in Hollywood gehabt hätte. Aber leider starb er ja 2007.

    Erfolgreiche Deutsche in Hollywood

    Jürgen Prochnow (82) schaffte 1981 seinen internationalen Durchbruch mit der Hauptrolle des U-Boot-Kommandanten in Petersens "Das Boot" und war danach in zahlreichen Hollywood-Produktionen zu sehen, wie hier mit Willem Dafoe (li.) in "Der englische Patient" (1996) | © Miramax
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    ZAPATKA: Stimmt, man braucht unbedingt einen Film, der einen rüberträgt – ansonsten bleibt man einer unter Tausenden Kollegen, die zu jedem Casting müssen. Das ist ein sehr eigener und, wie ich meine, auch ein sehr schwieriger Weg.

    Zurück zu Ihrer ZDF-Reihe um Ingo Thiel, die ja Millionen von Zuschauern begeistert. Warum wohl ist True Crime so erfolgreich?

    FERCH: Krimiformate sind so populär, weil sie den Zuschauern das Gefühl vermitteln, dass jeder von uns im nächsten Moment in ein Verbrechen verwickelt werden könnte – etwa wenn wir um die nächste Ecke gehen und in eine gefährliche Situation geraten. Krimis zeigen uns stellvertretend, was wir dabei erleben könnten. True Crime potenziert diese Faszination noch, weil wir alle wissen, dass die Verbrechen tatsächlich so passiert sind.

    ZAPATKA: Ich muss gestehen, dass ich Krimis ebenfalls gern sehe, beispielsweise habe ich dich neulich in „Tod in Mombasa“ gesehen, Heino. Aber kann es sein, dass du in einer Szene aussahst wie 30?

    FERCH: Ja, dank KI gab’s tatsächlich eine Rückblickszene, in der meine Figur die Frau kennenlernte. Für diese Sequenz trug ich eine Mütze mit blonden Haaren drunter. Nach dem Dreh wurde die Szene durch ein Computerprogramm „geschossen“ – und schon sah ich aus wie 30!

    Klingt nach Scifi. Glauben Sie, es wäre denkbar, dass irgendwann ein Schauspieler alle Rechte an seinem Körper und seiner Mimik verkauft, sich von KI einscannen lässt und die Studios dann mit dem digitalen Klon drehen können, was sie wollen?

    FERCH: Für mich wäre das ein absolutes No-Go, aber ich kann mir schon vorstellen, dass es irgendwann so weit kommt.

    ZAPATKA: Ich ebenfalls – quasi ein Brad-Pitt-Film ohne Brad Pitt. Aber aus meiner Sicht wäre das auch zugleich das absolute Ende. Und keine Kunst mehr, sondern eine Konserve.