Packender Politthriller im Ersten: Der Zweiteiler „Herrhausen“ beleuchtet das Attentat auf den Chef der Deutschen Bank 1989 neu. Oliver Massuci brilliert dabei als visionärer Wirtschaftsboss, den jäh eine Bombe stoppt.
Ein Artikel von HÖRZU Reporter Sven Sakowitz
Der Knall der Detonation ist kilometerweit zu hören. Am 30. November 1989 wird Alfred Herrhausen, der mächtige Vorstandschef der Deutschen Bank, in Bad Homburg bei einem Attentat getötet. Das Mordwerkzeug ist ein Sprengsatz, der an einem abgestellten Fahrrad befestigt war. Als Herrhausens Dienstwagen auf dem Weg zur Arbeit durch eine Lichtschranke fährt, löst er die Explosion aus. Ein Metallstück verletzt Herrhausens Oberschenkelschlagader, der Manager verblutet noch vor Ort. Sein Fahrer Jakob Nix wird schwer verletzt.
Der Zweiteiler „Herrhausen: Der Herr des Geldes“ (ab Di, 1. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten) erzählt jetzt in einem Mix aus Filmbiografie und Politthriller von den letzten Jahren im Leben des Bankchefs sowie von den Umständen und Ungereimtheiten rund um seinen Tod. Zwar fand sich damals ein Bekennerschreiben der Roten Armee Fraktion (RAF) am Tatort. Doch die Verantwortlichen konnten bis heute nicht ermittelt werden. Zudem gab es früh Spekulationen über Mitwisser – oder ganz andere Täter. Denn Herrhausen hatte sich mit seinen Ideen viele Gegner gemacht. So forderte er einen Schuldenerlass für Länder der sogenannten Dritten Welt und wollte die Deutsche Bank komplett neu aufstellen. Außerdem organisierte er mit Bundeskanzler Helmut Kohl Milliardenkredite für die Sowjetunion. Dadurch erhoffte man sich zu Recht eine Zustimmung der Sowjets zu einer möglichen Wiedervereinigung. Eine Aktion, die sowohl die Stasi als auch die CIA auf den Plan rief.
Die linksextreme RAF hasste Herrhausen gemäß ihrer Ideologie ohnehin. Die Idee zu „Herrhausen“ hatte die preisgekrönte deutsche Film- und Fernsehproduzentin Gabriela Sperl. „Das Thema beschäftigt mich schon seit dem Tag des Anschlags“, sagt Sperl im Gespräch mit HÖRZU. „Damals hieß es sofort, es sei die RAF gewesen. Aber die sogenannte dritte Generation der RAF hatte gar nicht die Schlagkraft, so etwas allein auf die Beine zu stellen. Außerdem hätte die RAF Herrhausen bei anderen Gelegenheiten jederzeit töten können. Dieser Hightech-Mord war ein Statement. Umso erstaunlicher, dass man nie konsequent nach den Tätern gesucht hat. Vielleicht hätte es in der Phase der deutschen Wiedervereinigung aber auch einfach gestört?“
Etwa vier Jahre haben Gabriela Sperl, Drehbuchautor Thomas Wendrich und einige Mitarbeiter für die Geschichte recherchiert. „Wir haben jeden lebenden Zeitzeugen, der mit uns sprechen wollte, und jedes Archiv belagert, um mehr über die Ereignisse herauszufinden“, sagt Sperl. „Eine große Hilfe war Traudl Herrhausen, die Witwe von Alfred Herrhausen. Sie hat uns viele Zugänge ermöglicht und wertvolle Hinweise gegeben. Und sie bat uns, vor allem die Spuren der Täter zu verfolgen.“