Vier Tote in einem abgelegenen Waldhaus, eine traumatisierte Jugendliche ohne Erinnerung – und ein Ermittlerteam, das sich durch ein Netz aus Lügen, Rache und dunklen Geheimnissen kämpfen muss. Ist die Mafia am Werk oder steckt etwas viel Persönlicheres dahinter? Der neue ARD-Krimi „Tod am Rennsteig – Haus der Toten“ sorgt für Hochspannung und Gänsehaut.
Zum zweiten Mal ermitteln Kristin Suckow und Bernhard Conrad in Thüringen. Der ARD-Krimi „Tod am Rennsteig – Haus der Toten“ schockiert mit vier Italo-Leichen im einsamen Waldhaus. Hat die Mafia zugeschlagen? Die durchaus ambitionierte Reihe bietet feines Schauspiel – und Sinn für Polizeiarbeit.
Zum zweiten Mal ermittelt das Team der OFA (Operative Fallanalyse) in Erfurt und am nicht ganz so weit entfernten Rennsteig, nach dem der Thüringen-Krimi benannt ist. Ein rein touristischer Fernsehfilm mit schönen Naturlandschaften und Fällen, bei denen man nicht viel nachdenken muss, ist „Tod am Rennsteig – Haus der Toten“ allerdings nicht. Das Ermittler-Duo Jan Kawig (Bernhard Conrad) und Annett Schuster (Kristin Suckow) arbeitet unter der Leitung von Marion Dörner (Anne-Kathrin Gummich, Mutter von Schauspielkollegin Nina Gummich) mit zwei weiteren Kollegen an Fällen, die psychologisches Gespür und akribische Profiling-Analysen erfordern.
Ein besonders brutaler Fall hat sich in einem abseits am Waldrand gelegenen Haus ereignet, das ein italienisches Restaurant beherbergt. Am frühen Morgen fallen dort vier Schüsse. Kurz darauf flüchtet eine vermummte Gestalt mit Helm auf einem Motorrad in Richtung Wald. Bei den vier am Tatort gefundenen Toten handelt es sich um das Gastronomen-Paar sowie zwei mit ihnen verwandte Eheleute. Nur die 16-jährige Tochter der Restaurantbetreiber hat die Tatnacht überlebt – in einem versteckt gelegenen Zimmer. Rebecca (Mariella Aumann) kann sich jedoch an nichts erinnern, was sie in der Höllennacht erlebte. Immerhin kümmert sich Rebeccas Freund Jona (Jona Levin Nicolai) um die Traumatisierte. Auch er hat im Restaurant der italienischen Familie mit angepackt. Sind im Restaurant Mafia-Rächer am Werk gewesen?
Schon „Tod am Rennsteig – Auge um Auge“, die Premiere der Reihe im März 2023, machte deutlich: Autor Jens Köster wollte keinen ländlichen Wohlfühl-Krimi erschaffen. Zwei ungewöhnliche, eher in sich gekehrte Ermittler erlebt man hier. Figuren, die man sich erst mal erschließen muss: Jan Kawig ist Thüringer durch und durch. Er „kann“ Tischler, geht zum Reflektieren in die Kirche und kabbelt sich mit einem Vater (stark: Uwe Preuss), der ein ähnlich sperriger Charakter ist wie Jan. Dann kommt – in Folge eins – die Neue hinzu: Annett Schuster, die zwar aus Thüringen kommt, aber lange weg war. Wir lernen in „Auge um Auge“ recht spät, dass sie auf Frauen steht. Und ansonsten viel Privatsphäre braucht, was in diesem Falle heißt: Zeit für sich alleine.
Im Job sind die beiden Ermittler dann aber akribisch – und auch empathisch. Im neuen Film baut die Kriminaltechnikerin Sabine Limmer (wunderbar normal: Berit Künnecke) ein exaktes Modell des Mordhauses. Eine Art Puppenstube des Horrors. In einer tollen Szene wird von den Ermittlern noch einmal die Mordnacht nachgestellt – um auf versteckte Details zu stoßen. Und nicht nur die Ermittler des „Rennsteig-Krimis“ sind top besetzt, auch die Episodenrollen spielen groß auf.
Bessere Jugenddarsteller als Mariella Aumann und Jona Levin Nicolai, die das traumatisierte junge Paar spielen, hat man schon länger nicht mehr im deutschen Fernsehkrimi gesehen. Mariella Aumann, Jahrgang 2006, war gerade in der Hauptrolle des Coming-of-Age-Kinofilms „Jupiter“ zu sehen. Eine junge Schauspielerin, von der man noch viel hören dürfte.
Bernhard Conrad sah man gerade als Neu-Ermittler in der Miniserie „Finsteres Herz – Die Toten von Marnow 2“ (ARD Mediathek), wo er an der Seite von Sabrina Amali das zweite Ermittlerpaar neben Sascha Geršak und Petra Schmidt-Schaller spielte. Conrad wurde in Weimar geboren. Er kommt also aus Thüringen. Der 44-jährige Schauspieler mit dem schütteren Blondhaar ist derzeit einer der aufregendsten Schauspieler im deutschen Fernsehen. Er ist Meister des beiläufigen Spiels. Bei Conrad denkt man in fast jeder Szene: Er spielt das so, als wäre es echtes Leben und kein Drehbuch, was da vor einer Kamera zum Film wird.
Der Krimi selbst ist komplex konstruiert und spannend erzählt. Immer mehr gerät die Psychologie der beiden jungen Figuren, in deren Jugendzimmer ein Plakat des Dürrenmatt-Stückes „Der Richter und sein Henker“ die Wand ziert, in den Mittelpunkt. Am Ende wird man Zeuge eines Falles, der einen trotz seiner düsteren Tat irgendwie anrührt. Bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder zwei Jahre dauert, bis Fall drei vom Rennsteig folgt.
Tod am Rennsteig – Haus der Toten – Do. 13.03. – ARD: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau