Festhalten oder loslassen? In ihrem neuen Film spielen Michaela May und Helmut Zierl ein langjähriges Paar in der Krise: Ulla wird von Paul verlassen. Umgekehrt hat Michaela May die Story des TV-Dramas selbst erlebt.
Ein Artikel von HÖRZU Redakteurin Ulrike Schröder
Willst du sie lieben und küssen, bis der Tod euch scheidet?“ – „Nein, will ich nicht!“ Die TV-Komödie „Ich will mein Glück zurück“ (Fr, 16. Februar, 20.30 Uhr im Ersten) beginnt mit einem Schock. Die Situation: Ulla (Michaela May) und Paul (Helmut Zierl) feiern gemeinsam mit Rita und Robert goldene Hochzeit. Vor 50 Jahren haben sich beide Paare auf dem Standesamt kennengelernt und wurden Freunde fürs Leben. Als sie jetzt vor versammelter Festgesellschaft ihr Ehegelübde erneuern, gesteht Paul aus heiterem Himmel, dass er in Rita verliebt ist – und zischt ab. Ulla ist fassungslos. Mit siebzig verlässt man sich doch nicht. Da sorgt man dafür, dass der Partner seine Pillen nimmt! Mama braucht einen Lover, finden die erwachsenen Kinder.
Dass Ulla eine Revanche-Affäre mit dem ebenfalls verlassenen Robert anfängt, ist aber auch keine Lösung – oder? Jede Veränderung birgt eine Chance, heißt es. Für die überrumpelte Ulla stellt sich die Frage, ob sie um ihre Ehe kämpfen oder sich schweren Herzens neu orientieren soll. HÖRZU nimmt den Film zum Anlass, mit dem Hauptdarstellerpaar über Festhalten, Loslassen und Gelassenheit zu sprechen – zumal in einem reiferen Alter.
„Ich bin ja selbst ein geschiedener Mann und musste loslassen“, sagt Helmut Zierl. „Aber das Eheversprechen lautet: in guten wie in schlechten Zeiten. Ich habe den Eindruck, dass die Generationen vor uns glücklicher waren, weil sie Krisen gemeinsam durchgestanden haben und dadurch im Alter zusammengewachsen sind. Heute wird viel zu schnell alles hingeschmissen. Eine gute Beziehung braucht auch Reibung, daran kann die Liebe wachsen.“ Brief und Siegel sind für den beliebten Schauspieler dabei zweitrangig: Mit Partnerin Sabrina Böcker ist er seit über zwölf Jahren auch ohne Trauschein glücklich.
„Loslassen ist der bessere Weg, auch in der Liebe“, meint dagegen Michaela May. „Die Liebe ist freiwillig. Wenn man sich daran klammert, dann fliegt sie davon. Obwohl meine Ehe nicht schlecht war, habe ich vor 20 Jahren noch einmal mit einem neuen Mann neu angefangen. Man muss der eigenen Intuition folgen und sollte nichts unterdrücken, um an Gewohntem festzuhalten: Das gehört sich nicht, das darf ich nicht, zu unbequem … Ich bin keine Lebenskünstlerin, aber wenn mich Eingefahrenes langweilt, wachsen mir Flügel.“
Dass man sich von manchen Dingen und Gewohnheiten verabschieden muss, weil schlicht der Körper nicht mehr mitspielt – geschenkt. May ist nach einer Verletzung von Tennis auf Bergwandern umgestiegen, Zierl vom schweren Motorrad auf eine flotte Vespa. „Die Frage ist doch eher, wann das Alter beginnt“, konstatiert Michaela May. „Geht es los, wenn die Haare silbrig werden? Ich sage: Alt wird man, wenn die Neugierde nachlässt.“
Folglich ist der von Helmut Zierl verkörperte Ehemann auf Abwegen, der seiner Gattin vorhält, ihre Träume würden „an der Buchsbaumhecke enden“, durchaus kein Unsympath. „Ich spiele hier einen Hallodri, aber keinen Mistkerl“, betont er gegenüber HÖRZU. „Ich finde Paul sehr charmant. Das ist ein Mann, der dem Reiz erlegen ist, sich noch mal jung zu fühlen und etwas Neues auszuprobieren – obwohl er seine Ulla liebt.“ Wie die sich noch einmal neu mit ihrem Leben auseinandersetzt, gefällt Michaela May an dieser Rolle besonders. Pensionärin Ulla möchte wieder arbeiten, stößt aber auf Widerstand – zu alt!
Hat die erfolgreiche Schauspielerin womöglich selbst Erfahrungen mit Altersdiskriminierung gemacht? „Normalerweise empfinde ich das nicht“, sagt May. Dann fällt ihr aber doch sofort ein Beispiel ein: „Für Jutta Speidel und mich wurde eine Serie entwickelt. Dann war Funkstille – und plötzlich tauchte derselbe Titel mit zwei jungen Darstellerinnen wieder auf. Da habe ich gemerkt, welche Rolle das Alter in den Köpfen spielt. Man vertraut nicht darauf, dass Geschichten mit Älteren auch junge Leute interessieren – als könnte ab einem gewissen Alter nichts Aufregendes mehr geschehen! Wir wollen aber nicht nur Omas spielen oder die Verlassene, die noch mal einen neuen Mann findet.“
Bleibt die Frage, ob wir mit zunehmendem Alter wirklich gelassener werden. „Klares Ja“, sagt Helmut Zierl. „Du wirst toleranter und kannst besser differenzieren, wann es sich lohnt, sich aufzuregen, und wann du einfach cool bleiben musst.“ Seine Filmpartnerin zögert kurz, bevor sie antwortet: „Es ist eher die Bestimmtheit zu wissen, was ich will und was nicht. Durch diese Klarheit entsteht vielleicht eine gewisse Gelassenheit. Denn ich kann vieles auslassen, was ich früher noch ausprobieren musste. Meine Ziele sind immer enger gesteckt. Ich habe noch Spaß am Reisen, aber mir reicht schon das Mittelmeer.“
Der weit gereiste Helmut Zierl braucht heute zum Glück viel Zeit mit seiner Freundin und der Familie, „aber auch mal meine absolute Ruhe“. Etwa für die Arbeit an seinem nächsten autobiografischen Buch, das auf den Erfolg „Follow the Sun“ folgen soll. Leidenschaft jedenfalls – und zwar eben nicht nur in der Liebe – sei keine Frage des Alters. „Wenn die Begeisterungsfähigkeit erhalten bleibt, dann ist das Alter alterslos“, unterstreicht Michaela May. Für sie bleibe das Wichtigste, „mit mir im Reinen zu sein, sodass ich offen sein kann für Neues“, so die Schauspielerin zum Abschluss. „Neugier und Zufriedenheit, das ist für mich Glück.“