Intimer Faktencheck mit Doc Caro: Kann ein Penis brechen?

06.11.2024 um 13:00 Uhr
    Intimer Faktencheck mit Doc Caro: Kann ein Penis brechen? | © Imago
    Die Ärztin Dr. Carola Holzner ist immer mittwochs in der VOX-Doku-Serie „Doc Caro – Jedes Leben zählt“ zu sehen. | ©Imago

    Intimes im medizinischen Faktencheck: Dr. Caro Holzner, Deutschlands bekannteste TV-Notärztin, klärt in ihrem neuen Buch auf.

    Ein Artikel von HÖRZU-Reporterin Bettina Koch

    Gerade um den Intimbereich und die Liebeslust ranken sich immer noch viele Mythen, nicht nur bei jungen Menschen. Mangelnde Kenntnis und falsche Annahmen können aber die Gesundheit gefährden und die sexuelle Zweisamkeit stören. Licht in die tabuisierten Themen bringt Deutschlands bekannteste Notärztin Dr. Carola Holzner mit ihrem neuen Buch „Ab unter die Gürtellinie“. Hier geht sie fachlich versiert sowie humorvoll gegen Hemmungen und Halbwissen vor. „Da liegen Menschen zusammen in einem Bett, haben sogar Sex miteinander und wissen gar nicht so genau, was sich da unten alles abspielt“, entrüstet sie sich.

    Die Medizinerin lebt mit ihrer Familie in Mühlheim an der Ruhr und leitet als Oberärztin das Interdisziplinäre Notfallmanagement in der Helios St. Johannes Klinik Duisburg. Zudem ist sie freiberuflich als Notfallärztin unterwegs: von einigen ihrer herausfordernden Einsätze berichtet sie in der VOX-Sendung „Doc Caro“ (heute, 6. November, 2025. Uhr bei VOX).

    In der neuen Staffel geht es etwa um ihre Ausbildung zur alpinen Bergretterin. „Ich bin ein sehr offener Mensch“, sagt sie im Interview mit HÖRZU, „aber wie viele bekommen es nicht mal zu Hause über die Lippen, über intime Dinge zu sprechen?“ Dieses Schweigen würde sich fortsetzen bei den Kindern und deren Beziehungen.

    Was bringt offenes Sprechen?

    Es sei wichtig, über seinen Körper Bescheid zu wissen, so die Ärztin. „Ich habe festgestellt, dass oft nicht mal Erwachsene richtig Ahnung haben. Wie sollen wir dann andere aufklären?“ Sie plädiert dafür, mehr über Intimes zu reden. Alles andere schüre Halbwissen und Ängste. „Sich mit der eigenen Intimität zu beschäftigen bedeutet, dass man überhaupt rausfindet, wie schön Intimität ist, und dass man auch den Partner besser versteht.“ Das sorgt für mehr Nähe. Aus ihrem Klinikalltag weiß sie, dass vor allem Männer über Unangenehmes nicht gern reden. „Dafür muss man sich erst mal eingestehen, dass man ein Problem hat, und wenn es noch dazu die Potenz berührt, fühlen sich viele in ihrer Männlichkeit bedroht. Und dann soll man auch noch zum Arzt gehen?!“ Es würde vielen schon helfen, wenn sie wüssten, dass für eine Prostatauntersuchung zunächst eine Blutabnahme beim Hausarzt zur Bestimmung des Biomarkers PSA reicht. Nicht schlimm!

    Kann ein Penis brechen?

    Nein, er hat keine Knochen. Doc Caro: „Aber eine Ruptur, ein Riss im Schwellkörper, ist möglich.“ Beim Geschlechtsverkehr kann es zu so einem Riss in der Bindegewebsschicht kommen. „Das passiert meist während einer Erektion, ist sehr schmerzhaft und nicht ungefährlich.“ Denn es könne zu Einblutungen im Penis kommen, und diese im schlimmsten Fall zu schweren Kreislaufstörungen führen. Hier gilt: Keine falsche Scham, ab in die Notaufnahme!

    Ist Samenstau möglich?

    „Schmerzen ja, Stau nein“ antwortet die Ärztin kurz und bündig. „Wenn ein Mann keinen Samenerguss hat, baut der Körper die ungebrauchten Samenzellen in den Nebenhoden irgendwann ab, ein Stau kann nicht entstehen.“ Was manchmal wehtut, ist ein anderes Phänomen. Dr. Holzner erklärt: „Wenn der Sexualakt oder die Erregung längern andauern, ohne dass es zum Samenerguss kommt, kann das im Penis und Hodensack Schmerzen verursachen.“ Die Ursache für diese sogenannten Kavaliersschmerzen liegt an der verstärk ten Durchblutung in dem Bereich, zu der noch ein Krampf in der Muskulatur der Samenwege kommt. Gefährlich ist das nicht. „Kein Grund, den Rettungsdienst zu rufen, die schnellste Therapie ist eine Ejakulation und eine kühle Kompresse auf die Hoden.“

    Buchtipp: Dr. Carola Holzner - "Ab unter die Gürtellinie", Fischer Verlag 286 S., 18 € | ©Fischer Verlag

    Erektionsprobleme durch Arzneien? Wobei hilft Viagra?

    „Eine Erektion ist ein komplexes Unterfangen“, sagt die Expertin, „da spielen Nervenreize und Botenstoffe eine Rolle, aber auch Blutzirkulation und Muskeln.“ Viagra ist ein Potenzmittel mit dem Wirkstoff Sildenafil. Dieser fördert die Durchblutung und blockiert das Enzym PDE-5, das im Penisschwellkörper einen Stoff spaltet, der das Glied steif hält. „Viagra verschafft aber nicht mehr Lust, die muss Mann schon selber haben“, betont Doc Caro. Es gibt aber Medikamente, die beeinflussen tatsächlich die Libido – aber meist negativ: zum Beispiel Arzneien, die bei Diabetes, Bluthochdruck (Hypertonie) oder Asthma verordnet werden. „Auch der Wirkstoff Spironolacton in Diuretika, Wassertabletten genannt, ist ein Gegenspieler des Testosterons“, so die Medizinerin. „Sprecht darüber bitte mit eurem Arzt oder eurer Ärztin. Sexualität ist wichtig für unser Wohlbefinden, egal wie alt wir sind oder welche Zipperlein uns plagen.“

    Sind Vulva und Vagina eigentlich das Gleiche?

    „Das wissen tatsächlich viele nicht“, wundert sich Dr. Holzner. „Vulva bezeichnet die Gesamtheit aller äußeren weiblichen Geschlechtsorgane.“ Dazu gehören Schamlippen, Klitoris, Venushügel und Scheidenvorhof. Die Vagina zählt zu den inneren Geschlechtsorganen und ist ein dehnbarer Muskelschlauch, der die Vulva mit dem unteren Teil der Gebärmutter verbindet. „Vagina heißt auf deutsch einfach Scheide“, präzisiert die Ärztin.

    Was kann bei der Intimpflege falsch laufen?

    „Manche Frauen schwören auf Scheidenspülungen oder Vaginalduschen, weil sie glauben, ihre Vagina so besonders sauber halten zu können. Nicht gut!“, warnt Dr. Holzner. Die Vagina reinigt sich mithilfe der Milchsäurebakterien, die sich in ihrer Schleimhaut befinden, selbst. Intimduschen per Applikator hingegen stören das Gleichgewicht des Scheidenmilieus. Und für den Penis gilt: Bitte jeden Tag waschen, um Entzündungen durch Ablagerungen zu vermeiden. „Dieses Smegma ist ein Nährboden für Keime und muss regelmäßig entfernt werden, dabei die Vorhaut sanft zurückziehen.“

    Lässt die Liebeslust im Alter automatisch nach?

    „Sex im Alter ist immer noch tabubehaftet“, bedauert die Ärztin. Mit den Jahren werden zwar weniger Sexualhormone produziert, die Spiegel von Östrogen bei der Frau und Testosteron beim Mann sinken. Dennoch verlieren wir nicht automatisch unsere Libido. „Beim Sex setzt der Körper Endorphine sowie Östrogene und Testosteron frei, ein Orgasmus bringt unseren Kreislauf in Schwung.“ Wir sehen frischer aus, das Wohlbefinden steigt, Schmerzen nehmen ab, auch das Immunsystem wird gestärkt. Paare mit einem erfüllten Liebesleben sind zufriedener und fühlen sich eng miteinander verbunden.

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