Nach drei Jahrzehnten geht heute ein Kapitel deutscher Fernsehgeschichte zu Ende: Wolfgang Stumph hat seinen letzten Auftritt als Wilfried Stubbe. Mit „Stubbe - Familie in Gefahr“ verabschiedet sich eine der beliebtesten Krimireihen - und stellt noch einmal in den Mittelpunkt, was sie immer ausgezeichnet hat: Familie, Zusammenhalt und ein kriminalistischer Spürsinn, der keine Ruhe gibt.
Wilfried Stubbe verabschiedet sich. Hauptkommissar war der Dresdner Ermittler ja nun schon lange nicht mehr. Aber er ermittelte eben mit einer gewissen Freude im "Unruhestand" weiter, um einmal ein Lieblingswort von Wolfgang Stumph zu verwenden.
"Nach 30 Jahren, 54 Filmen und mehr als einer halben Milliarde Zuschauern findet die Stubbe-Reihe ein Ende", formuliert Christoph Bicker, Produzent der Polyphon Film, recht stolz. Nach vergleichbaren Programm-Marken suche man lange, nach vergleichbarem Zuschauererfolg auch, sagt er. Sehr richtig. Zudem kam der Krimireihe, die die meiste Zeit über "Stubbe - Von Fall zu Fall" hieß, eine besondere Bedeutung zu, hatten sich Hauptdarsteller Wolfgang Stumph und Chefautor Peter Kahane doch vorgenommen, hier auch ein Stück deutsch-deutscher Geschichte zu erzählen.
1995 wurde der erste Fall ausgestrahlt. In "Stubbes Erbschaft" zog die gesamte Familie von Dresden nach Hamburg, und bereits auf dem Weg geriet der Kommissar in seinen ersten Fall. Mit dabei schon damals: Stephanie Stumph, auch im wahren Leben die Tochter von Vater Wolfgang. Hier spielte sie Stubbes Tochter Christiane, beim Dreh war sie zehn Jahre jung. Bis zum heutigen Tage und der letzten Folge blieb sie der Reihe treu. Damals ebenfalls mit dabei waren Marie Gruber als Stubbes Ehefrau - die Schauspielerin starb 2018 ebenso wie Margret Homeyer, die bis zum Ende der regulären "Stubbe"-Filme als "Tante Charlotte" für humorvolle Momente sorgte.
50 Folgen waren es gewesen, als Wolfgang Stumph 2014 seinen ersten Abschied von der Reihe erklärte, die damit selbstverständlich auch ihr Ende fand. Dann, weitere vier Jahre später kehrte man erstmals mit einem Special zurück, das beinahe sieben Millionen Menschen sahen. Zwei weitere abendfüllend e Auftritte Stubbes folgten. Nun also der endgültige Abschied. Wolfgang Stumph wird im kommenden Jahr 80.
Es ist eine wunderbare Idee, im letzten Fall die Familie Stubbe und ihren Zusammenhalt in den Mittelpunkt zu stellen. "Stubbe - Von Fall zu Fall" war eine der ersten Krimireihen im deutschen Fernsehen, die das Privatleben der Hauptfigur thematisierte, was heute ja nicht nur en vogue, sondern eher inflationär so ist. Doch ging man niemals zu weit. Sicher: Stubbe verlor seine Frau, zunächst von Marie Gruber, später von Renate Krößner gespielt. Er hatte wiederkehrende Probleme mit seiner heranwachsenden Tochter Christiane. Und schließlich entdeckte er zweimal gar die Liebe neu: Er ließ sich zunächst von der Diplompsychologin Claudia (Joana Schümer) einige Folgen lang umgarnen, ehe Amors Pfeil ihn dann so richtig traf, als er in Folge 43 Marlene Berger (Heike Trinker) kennenlernte. Doch all die privaten Wirrungen waren stets nur Beiwerk im positiven Sinne. Auch sie waren nie wichtiger als der Kriminalfall selbst.
Diesmal nun soll der Geburtstag von Stubbe-Enkelin Caro (Greta Kasalo) gefeiert werden. Auch ihr Vater Helge Kleinert (Wanja Mues) hat sein Kommen angekündigt, was seine Tochter großartig, seine Ex Christiane aber nicht ganz so gut findet. Dann geht alles ganz schnell: Die Polizei taucht auf und verhaftet Helge vor den Augen seiner Tochter mitten bei der Party am Fluss. Er soll eine junge Frau erstochen haben, die er gut kannte. Noch dazu wird Kokain bei ihm gefunden, die Mordwaffe praktischerweise auch, und so urteilt die wenig überraschend eher kurzsichtig arbeitende Kripo vor Ort: Der muss es gewesen sein.
Beim Betrachter ist derweil natürlich klar: Der kann es nicht gewesen sein. Die Autoren Peter Dommaschk und Ralf Leuther werden der liebgewonnenen Familie sicher einen versöhnlichen Abschied gönnen. Doch um den sicherzustellen, muss erst einmal der wahre Täter gefunden werden. Und da sind sie alle gefordert: Christiane Stubbe als Journalistin zuvorderst, aber auch Stubbes Lebensgefährtin Marlene, die bei der Spurensicherung arbeitet. Als plötzlich auch sie unter Verdacht gerät, Beweise vernichtet zu haben und Tochter Christiane ebenso Schwierigkeiten bekommt, ist klar: Hier ist jemand mit einem ganz großen Plan unterwegs. Im Visier hat er: die Stubbes.
Immer stand in 30 Jahren die Geschichte im Mittelpunkt. Zu experimentell wollte man aus künstlerischer Sicht nie sein. Eine Vorgabe, an die sich auch die insgesamt gut 20 Filmemacherinnen und Filmemacher zu halten hatten, die für die Reihe tätig waren. Anders als etwa beim "Tatort" verfiel keiner der Verführung, sich auf der populären Bühne vor Millionen vordergründig selbst zu inszenieren. Nicht anders ist es auch diesmal, da Jochen Alexander Freydank, wiewohl Oscarpreisträger, das Zepter in der Hand hielt. Mit "Stubbe - Familie in Gefahr" inszenierte er einen klar strukturierten Kriminalfilm, der zwar ein paar der bekannten Genre-Effekte bemüht, aber dabei nicht übertreibt. Spannend bleibt der Film bis zum Schluss sehr wohl.
Schließlich oblag es allen Beteiligten, sicher unter der erheblichen Mitwirkung von Wolfgang Stumph, einen würdigen Abschied für die Stubbes zu finden. Eine letzte Szene, mit der ebenso charmant wie optimistisch Adieu sagt. Das ist gelungen. Man könnte dieser Reihe manches vorhalten: dass sie in bisschen sehr bieder war zum Beispiel. Und manchmal ein bisschen sehr bemüht in ihrer Botschaft. Aber vor allem war sie eben ein Stück sympathische, ehrlich gemachte und liebevolle Fernsehunterhaltung. Lebt wohl, Ihr Stubbes.
Quelle: Kai-Oliver Derks / teleschau
„Stubbe - Familie in Gefahr“ läuft heute, 22. Februar 2025, um 20.15 Uhr im ZDF.