Rotlicht trifft auf Blaulicht: Der neue Kölner „Tatort“ spielt zwar im Eroscenter, doch statt Voyeurismus gibt’s viel Nachdenklichkeit.
Ein Artikel von HÖRZU Reporter Thomas Röbke
Hildegard Knef gibt den Ton dieses „Tatorts“ an: Ihr Lied „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ untermalt zu Beginn eine lange Kamerafahrt durch Flure und Zimmer eines Eroscenters. Die Sexarbeiterinnen sind in dämmriges Rotlicht getaucht. Und in tiefe Melancholie. Unausgesprochene Fragen stehen im Raum: Wie sind sie hierhergekommen? Wie geht es ihnen mit ihrer Tätigkeit?
Als das Lied verklingt, kommt Malik ins Bild: Der Haustechniker liegt tot vor dem Gebäude – aus dessen siebter Etage gestoßen, wie Ballauf und Schenk schnell herausfinden. Warum? Eigentlich wirken die Sexarbeiterinnen wie eine große Familie, doch in jedem Clan gibt’s Konflikte. Gehen diese so tief, dass eine von ihnen zu dieser Tat fähig war? Geht der zweite Mord auf dasselbe Konto?
Die dritte Tat erleben die Zuschauer sehr ausführlich mit: ein Schlag auf den Kopf, eine Erdrosselung per Telefonkabel. Auch die folgende Messerattacke ist nichts für Zartbesaitete – aus Bauchwunden fließt naturgemäß viel Blut.
Sehr berührend wird es, wenn im Lauf des Films drei der Sexarbeiterinnen die sogenannte „vierte Wand“ durchbrechen, direkt in die Kamera – und damit in die Augen der Zuschauer – blicken und ihr Schicksal erzählen. Die Autoren Eva und Volker A. Zahn wollen zeigen, was Prostitution aus Menschen macht. Die Botschaft kommt an. Ballauf und Schenk ermitteln routiniert, für zwischenmenschliches Geplänkel oder eine Bratwurst am Imbissstand ist diesmal kein Raum.
Als Überraschungsgast tritt Rapperin Sabrina Setlur auf: Sie spielt Chiara Passlak, die im Eroscenter ein Nagelstudio betreibt. Für die 50-Jährige die erste Schauspielrolle seit 2018. Regisseur Hüseyin Tabak hatte sie zum Casting eingeladen. Ist ein „Tatort“ cool genug für eine Rapperin? „Klar!“, sagt sie. Schon als Jugendliche schaute sie mit ihrem Vater: „Es wurde zu einer Tradition, die bis heute anhält. Der ,Tatort‘ ist ein wichtiger Teil der deutschen TV-Geschichte. Es ist mir eine große Ehre, daran mitzuwirken.“ Hat Setlur wieder Blut geleckt? „Ich bin in erster Linie Musikkünstlerin“, sagt sie. „Aber das Schauspielen macht mir unfassbar Spaß. Wenn die Rollen passen, kann ich mir weitere durchaus vorstellen.“