„Tatort: Unter Feuer“: Wie spannend ist die Vergangenheit von Kommissarin Winkler?

03.11.2024 um 16:45 Uhr
    „Tatort: Unter Feuer“: Wie spannend ist die Vergangenheit von Kommissarin Winkler? | © MDR
    Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) bemerkt Ungereimtheiten beim Dienstplan auf der Wache Lebtal und konfrontiert Jens Riebold (Andreas Lust) damit. | ©MDR

    Im Dresdner "Tatort: Unter Feuer" wird auf zwei Polizisten bei einer Verkehrskontrolle geschossen. Einer stirbt, der andere ist schwer verletzt. Die Ermittlerinnen Winkler (Cornelia Gröschel) und Gorniak (Karin Hanczewski) tauchen tief ein in die Strukturen der Polizei - und Winklers Vergangenheit.

    Auch Polizisten sind nur Menschen, und davon gibt es bekanntlich gute und schlechte. Diese Binse macht der "Tatort: Unter Feuer", ein neuer Fall aus Dresden (am So, 3. November, 20.15 Uhr), mal wieder klar. Wobei man von der prächtigen Sachsenmetropole an der Elbe diesmal herzlich wenig sieht. Der neue Fall der Kommissarinnen Winkler (Cornelia Gröschel) und Gorniak (Karin Hanczewski) sowie ihres Chefs Schnabel (Martin Brambach) ist nämlich eher ein Land- und Polizeistubenkrimi. Er beginnt - ziemlich stimmungsvoll - auf einer nebligen Landstraße, auf der Polizisten eine Straßenkontrolle errichtet haben.

    Reine Routine? Wahrscheinlich. Ein Mann (Maximilian Mauff), der angehalten wird, fühlt sich sichtlich unwohl. Es fallen Schüsse aus dem Auto: Ein Beamter ist tot, der andere schwer verletzt. Zwei junge Polizistinnen, Leila Demiray (Aybi Era) und Anna Stade (Paula Kroh), beobachten die Szene von ihrem geparkten Auto aus. Doch anstatt einzugreifen, suchen sie das Weite. Ein Fall von Panik im Dienst?

    Als Gorniak und Winkler am Tatort eintreffen, geht es erst mal um die Klärung des Sachverhaltes. Was ist wirklich passiert - und müssen die beiden Kolleginnen belangt werden? Andererseits leitet die Dresdner Mordkommission eine groß angelegte Suche nach dem Täter ein, der zu Fuß flüchtete. Auch Revierleiter Jens Riebold (Andreas Lust) ist am Tatort Landstraße eingetroffen. Er ist Chef sowohl der beiden Opfer als auch der Polizistinnen mit dem fragwürdigen Verhalten.

    Leonie Winkler kennt Riebold flüchtig über ihren Vater, den pensionierten Polizisten Otto Winkler (Uwe Preuss). Riebold war zudem Leiter jener Einheit, in der Leonies Bruder Martin (in Rückblenden zu sehen: Markus Riepenhausen) vor neun Jahren während eines Einsatzes zu Tode kam. Leonie, die in dieser Folge im Fokus steht, bietet sich nun eventuell die Chance herausfinden, was seinerzeit wirklich passiert ist. Zwischen Martin Winklers Einsatz damals und dem, was jetzt in Riebolds Einheit passiert, könnte es Parallelen geben.

    Märchenermittlerin im Polizistenwald

    Ja, es ist ein Polizeifilm, den sich der regelmäßige Dresdner "Tatort"-Autor Christoph Busche da ausgedacht hat. Busche hat mit feinen Folgen - dem Sanitäter-Krimi "Tatort: Rettung so nah" (2021) sowie "Das kalte Haus" (2022) über eine mysteriös verschwundene Frau und ihren scheinbar kaltherzigen Mann - bereits zwei ziemlich interessante Folgen fürs Dresdner Revier geschrieben. Dass Busche für verschlungene Geschichten gut ist, die mit typischen Opfer-Täter-Bildern brechen oder auch mal ein gehöriges Maß an Paranoia heraufbeschwören, bewies er schon 2016 mit seinem Drehbuch zur "NSU - Mitten in Deutschland"-Reihe, wo er für den dritten Film "Die Ermittler: Nur für den Dienstgebrauch" verantwortlich zeichnete. Bei Busches Filmen kann es einem in Sachen Vertrauen auf Staat und Apparat schon mal eiskalt den Rücken herunterlaufen.

    Der neue "Tatort" des Autors beginnt rätselhaft, wozu die undurchsichtigen Polizisten-Charaktere in stimmungsvollen Nebelbildern (Regie: Jano Ben Chaabane, "Kleo", "MaPa") beitragen. Leonie Winkler, die aufgrund ihres engelsgleichen Äußeren und guten Charakters ohnehin schon immer so bisschen wie eine Märchenfigur wirkt, die sich in einen "Tatort" verirrt hat, muss herausfinden, welche ihrer Kollegen zu den guten oder vielleicht auch zu den Bösen im Polizistenwald gehören. Dabei geht die Geschichte auf die Anfänge der Winkler-Figur zurück, von der man früh erfuhr, dass sie zu ihrem Polizistenvater - wie immer stark gespielt von Uwe Preuss - ein nicht ganz einfaches Verhältnis pflegt. Und, dass ihr der geliebte Bruder auf traumatische Art fehlt. Im "Tatort: Unter Feuer" arbeitet Leonie nun ein Stück weit ihre Vergangenheit auf - wozu auch Rückblenden - in schwarzweiß - mit ihrem damals noch lebendigen Bruder zählen.

    Letzter Gorniak-Fall im Januar 2025?

    Auch wenn der "Tatort: Unter Feuer" stark beginnt und im späteren Verlauf sogar relativ "bleihaltig" wird - im letzten Drittel verheddert sich der Plot leider in nicht immer überzeugenden Wendungen. Ein sächsisches "Copland", um einen der besten Filme über Polizisten, ihren Chorgeist und die teils verborgene Struktur ihrer Beziehungen zu erwähnen, ist dieser elfte Fall von Leonie Winkler und 17. der Kollegen Gorniak und Schnabel nicht. Da kann auch die stimmungsvolle, sehr besondere Musik von Tim Schwerdter und Roman Fleischer nicht helfen. Am Ende mutiert der Sachsen-Krimi dann doch ein bisschen zur Räuberpistole.

    Nichtsdestotrotz: Über 70 bis 80 Minuten hält der Cop-Thriller sein Niveau und bietet viel Spannung und eine schmerzhafte Familiengeschichte. Der schon länger angekündigte Abschied von Karin Hanczewski als Kommissarin steht dann wohl in der nächsten Folge an. Gorniaks letzter Fall, der "Tatort: Herz der Dunkelheit", soll Gerüchten zufolge schon Anfang 2025 ausgestrahlt werden. Quelle: teleschau