"Vater bekannt“: ARD-Doku präsentiert stolzen Bio-Papa und seine 30 Kinder

06.11.2024 um 13:15 Uhr
    "Vater bekannt“: ARD-Doku präsentiert stolzen Bio-Papa und seine 30 Kinder | © NDR
    Gerrit spielt mit seinem Sohn Keno (links) und seinem Spenderkind Otis. | ©NDR

    Zwar hat er selbst drei Kinder, doch der 44-jährige Gerrit ist für fast 30 weitere der "Bio-Papa". Ein ARD-Team begleitete den Samenspender und Mitglieder seiner "Herde".

    Filmemacherin Katharina Herrmann erzählt unter dem Titel "Vater bekannt - ein Samenspender und seine 30 Kinder" eine Geschichte, die auf Anhieb kaum zu fassen ist. Sie ist durchaus rührend und handelt von einem stolzen "Bio-Papa" namens Gerrit. Als sein erstes Kind auf die Welt kam, so gibt der Protagonist der Doku aus der Reihe "Echtes Leben" (am Mittwoch, 6. November, 23.20 Uhr, im Ersten, bereits in der ARDMediathek) zu verstehen, hätte er selbst noch nicht Vater werden können. "Fehlende Verantwortlichkeit" und "hedonistische Einstellungen" seien der Grund gewesen. Und doch sei da auch dieser starke Kinderwunsch gewesen. Über einen Zeitungsartikel kam er schließlich auf die Idee, seinen Samen zu spenden. Doch anders als üblich möchte Gerrit nicht anonym bleiben, sondern seine Kinder sollen wissen, wer ihr biologischer Vater ist.

    Umgekehrt sind einige Paare auf der Suche genau danach: einem transparenten Spender, der den Kontakt quasi vorschreibt. "Es war nicht geplant, bald 30 Kinder zu haben", sagt der heute 44-jährige Hamburger im 45-minütigen Film, doch mit seinem Angebot hat er wohl einen Nerv getroffen. Tina, Mutter eines seiner Kinder, suchte nach einem "Papa mit der guten Onkel-Funktion". Sarah dagegen verweist auf das oberste Kinderrecht: "das Recht zu wissen, wo man herkommt". Ihre Partnerin Kathrin hat kürzlich den kleinen Otis zu Welt gebracht, das 28. Kind auf Gerrits minutiös geführter Liste.

    Gerrits Superkraft: "Ich bin mit einer starken Libido gesegnet"

    Denn die Kinder aus Samenspenden bekommen in Deutschland erst mit Vollendung des 18. Lebensjahrs das Recht, zu erfahren, wer ihr leiblicher Vater ist. Doch bei den privaten Spenden kann man auch selbst für Transparenz sorgen. Und nicht nur das, Gerrit lädt die Familien einmal im Jahr zu sich nach Hamburg zum "Herdentreffen". Das klingt zunächst etwas befremdlich. "Herde", das schreit nach Alpha-Männchen, und dann spricht der "Kern" der Truppe auch noch davon, mit einer "starken Libido gesegnet" zu sein.

    Beim "Herdentreffen" in Hamburg kommen die Spenderfamilien zusammen. | ©NDR

    Doch aus sexuellem Interesse mache Gerrit das nicht, wie die mit viel Wärme erzählte Langzeitstudie deutlich macht. Seine Spende erfolgt rein per Becher-Methode und nicht "natürlich", also durch Geschlechtsverkehr, wie manch andere es anbieten. Auch macht er daraus kein lukratives Geschäft. Pro Spende nimmt der Hamburger 50 Euro. Die Bedenken über die besondere Konstellation werden so schnell beiseitegewischt; man mag es Gerrit abnehmen, wenn er sagt: "Es macht mir Freude, kinderlosen Paaren oder Single-Müttern zu helfen."

    Auch Dana war erst skeptisch gegenüber der Selbstbezeichnung als "Herde". Doch mit der Zeit habe sie sich an den ohnehin ironisch gemeinten Begriff gewöhnt. Sie ist Polizeihauptkommissarin in Berlin und hat ihre Tochter ohne Partnerin zur Welt gebracht und aufgezogen. Dass der Spender Teil des Lebens ihres Kindes ist, ohne gleich als Vater aufzutreten, war für sie eine Grundbedingung.

    Vielfach-Papa ohne Vatergefühle - und "lebenslanger Verantwortung"

    Gerrit spiegelt das, denn für ihn ist klar: "Ich fühle mich nicht als Papa der Kinder." Auf die Begegnungen freut er sich dennoch und ist sich seiner "lebenslangen Verantwortung" bewusst. Doch ganz problemfrei ist auch dieses Elternkonzept wohl nicht zu haben. Denn auch wenn zwischen Spender und Empfängerin Klarheit herrscht, die Beziehung der Kinder zu ihrem "Bio-Papa" kann für sie zur Herausforderung werden. "Er ist für mich nicht ganz mein Papa, aber halt irgendwie doch", sagt die achtjährige Karlotta, die gerne mehr Kontakt zu ihrem Erzeuger hätte.

    Die Zukunft wird zeigen, wie sich die Kinder mit der Situation arrangieren. Eine Herausforderung ist sie so oder so für alle Beteiligten, denn gesellschaftliche Konventionen werden hier allemal gesprengt. "Natürlich ist heteronormativ - Mutter, Vater, Kind - sehr richtig. Aber das heißt nicht, dass das andere falsch ist", weiß auch Gerrit. "Vater bekannt - ein Samenspender und seine 30 Kinder" liefert dazu den eindrucksvollen Beweis.