Wendland-Krimi: Zwillinge, Vampire, dunkle Geheimnisse – lohnt sich Stillers neuer Fall?

19.03.2025 um 11:30 Uhr
    Ein Mann mit lichtem Haar und verschränkten Armen steht ernst neben einer lächelnden Frau mit Pferdeschwanz in Bären-T-Shirt vor trockener Flusslandschaft. | © ZDF/Georges Pauly
    Jakob Stiller (Ulrich Noethen) und Lenka Preen (Judith Rosmair) in „Wendland – Stiller und der Teufelssauger“ | ©ZDF/Georges Pauly

    Im ZDF-Krimi „Wendland – Stiller und der Teufelssauger“ muss sich Jakob Stiller, gespielt von Ulrich Noethen, heute Abend nicht nur mit einem undurchsichtigen Fall, sondern auch mit regionalen Legenden über vampirähnliche Kreaturen auseinandersetzen. Die Spur führt ihn zu einer zwielichtigen Zwillingsschwester, düsteren Geheimnissen und einem Archiv voller brisanter Enthüllungen. Lohnt sich das Einschalten?

    Er schreibt anspruchsvolle Prosa, fährt ökobewusst Rad - und gehört wohl zu den außergewöhnlichsten TV-Kommissaren: Jakob Stiller alias Ulrich Noethen ermittelt seit 2022 als strafversetzter Städter im schönen "Wendland", dem die ZDF-Reihe ihren Titel verdankt. Nachdem die letzten Filme über jagende Prepper und die deutsch-deutsche Vergangenheit mit guten Quoten überzeugten, bekommt es Stiller im vierten Fall "Wendland - Stiller und der Teufelssauger" abermals mit regionalen Eigenarten zu tun: Nach dem Tod der Leiterin des Heimatmuseums taucht Stiller tief in die gruseligen Mythen des Wendlands ein - und befasst sich mit Vampiren der etwas anderen Art.

    Leichen, Sagen, Blutsauger: Dem Krimi aus der Feder von Sarah Schnier haftet von Beginn an der Hauch eines mystischen Noir-Thrillers an. Die im Museum tot aufgefundene Historikerin und "Märchenfrau" Lubina Dagartz (Judith Rosmair) wurde ermordet, danach aufgehängt und vollständig ausgeblutet. Wer ist zu solch' grausiger Tat fähig? "Sie denken jetzt nicht an einen Vampir?", gibt Stillers Kollegin Kira Engelmann (Bettina Burchard) die Richtung vor. Denn bald stößt der belesene Ermittler, der das von reichem Wissen über regionale Bräuche zeugende Archiv untersucht, auf die titelgebende Legende vom "Teufelssauger". Demnach saugen Tote erst sich selbst und anschließend ihre Familie aus, um sie zu töten. Vampire nach Art des Wendlands, sozusagen.

    Verdächtiger Zwilling

    "Teufelssauger" entstehen der Sage zufolge dann, wenn Zwillinge an derselben Brust gestillt werden. Und siehe da: Die Tote hat eine Zwillingsschwester - eine als gescheiterte Existenz ins Drehbuch geschriebene, tablettensüchtige Krankenschwester, der das Leben hart zugesetzt hat. Schnell gerät Lenka Preen (ebenfalls Judith Rosmair in eindrücklicher Doppelrolle) unter Verdacht. Dass sie ihre Schwester als verlogenen "Teufelssauger" beschimpft und für ihr - von Ehebruch bis Erbschaftsstreit - verkorkstes Leben verantwortlich macht, hilft da nicht unbedingt.

    Aber hat die Verschwörungstheorien zugetane Frau, die zudem - witziger Skripteinwurf - in einem Blutspendemobil arbeitete, deshalb gleich gemordet? "Wissen Sie, was man früher mit den Teufelssaugern gemacht hat?", fragt sie Stiller. "Man hat sie getötet, bevor sie Schaden anrichten konnten." Eine Verteidigung in eigener Sache sieht anders aus.

    Unheimlich und unterhaltsam

    Während der düstere Mythos Stiller erst belustigt, ist er vom ganzen Blut-Gerede ("nur bei Hausschlachtungen erlebt") bald sichtbar angewidert. Der Kontrast zwischen sensiblem Städter und zünftiger Provinz wird auch im vierten Film, abermals unter Regie von Bruno Grass, genüsslich ausgespielt.

    So unheimlich wie unterhaltsam schreiten die Ermittlungen voran, die Stiller in ein geheimes Archiv führen, in dem das Opfer die Geheimnisse der Nachbarschaft säuberlich sammelte - vom Fetisch bis zum Betrug. Erpresste sie damit ihre Mitbürger, von denen so ziemlich jeder ein Motiv haben könnte? Beliebt war die Tote jedenfalls nicht ("Ich hätte die Bitch am liebsten selbst platt gemacht"). Ihre Energie habe sie aus den Lügen und Geheimnissen der anderen "gesaugt", kommentiert Stiller süffisant und fragt sich, ob unter den Einwohnern vielleicht einer "mit blutverschmiertem Mund und besonders markanten Eckzähnen" befinde?

    Blutleer sind nur die Leichen

    Das Vampir-Thema zieht sich durch den sehenswerten Krimi, wobei auch die Vorliebe für Fledermäuse eine Rolle spielt: Viele brächten mit ihnen den Tod in Verbindung, "vor allem seit der Pandemie", erklärt Tierärztin und Stillers Flirt-Freundin Silke Landauer (Helene Grass). Dabei "können wir mit ihrer Hilfe womöglich den Krebs besiegen". Wie immer kann man im "Wendland"-Krimi viel lernen. Und miträtseln - etwa, was es mit der örtlichen Hausärztin (fantastisch: Katharina Schüttler) und ihrem Mann und "Fledermausforscher" (Johann von Bülow) auf sich hat. Das prominent besetzte, überaus affektierte Paar hegt so manches Geheimnis ...

    "Was Stiller manchmal im Weg steht, ist seine Ungeduld", analysierte Hauptdarsteller Ulrich Noethen einmal die widersprüchlichen Züge seiner Figur. Im vierten Fall muss er angesichts der Recherchen in "frischen Dachbodenakten" mehr denn je dagegen arbeiten. Das ist alles andere als langweilig: Blutleer sind in dem spannend inszenierten Krimi, der mit mancher Wendung überrascht, jedenfalls nur die Leichen. Als Kontrast zu schönem Fachwerk und hübschen Elbauen steht derlei "Noethen-Noir" der weiterhin überzeugenden "Wendland"-Reihe durchaus gut.

    Quelle: Maximilian Haase / teleschau

    „Wendland - Stiller und der Teufelssauger“ läuft heute, 19.03.2025, um 20.15 Uhr im ZDF.

    „Wendland“: Ulrich Noethen im zweiten Fall mit neuer Partnerin

    Ein Mann kehrt aus dem Nichts zurück, ein Toter wird aus der Elbe gezogen. Der zweite Fall der „Wendland“-Reihe nach längerer Pause gibt viele Rätsel auf. Neben Ulrich Noethen ermittelt jetzt ein neues Gesicht im Wendland. Weil seit der letzten Folge im Hebst 2022 nun doch schon einige Zeit vergangen ist, stellen wir Jakob Stiller nochmal kurz vor: Der eher introvertierte LKA-Beamte und Autor von Kriminalromanen wurde von Hamburg ins beschauliche ehemalige Zonenrandgebiet an der Elbe versetzt. Hier muss er nun in der Dienststelle im fiktiven Örtchen Dahlow seinen zweiten Fall lösen (Sa, 9. März, 20.15 Uhr im ZDF), der sich um das Geheimnis einer alteingesessenen Familie dreht.  Unterstützt wird er bei seinen Ermittlungen wieder von Kriminaloberkommissarin Kira Engelmann - die jetzt ganz anders aussieht. Der Grund: Paula Kalenberg, die die Polizistin im ersten Fall gespielt hat, ist aus der Krimireihe ausgestiege. Ihre Rolle hat nun Schauspielerin Bettina Burchard übernommen, bekannt aus der erfolgeichen RTL-Comedy-Serie „Sankt Maik“ (2018 – 2021), wo sie auch eine Polizistin spielte. Darum geht’s in „Wendland - Stiller und das große Schweigen“  Da sitzt er zu Beginn der neuen Folge in seinem hübschen Landhaus an seiner uralten Schreibmaschine, sinniert über Gott und die Welt, als in seinem weitläufigen Garten ein verletzter, völlig verängstigter Mann (Christoph Bach) herumschleicht, der laut seinem wohl gefälschten Ausweis Remy Luger heißt. Eine Art Kaspar Hauser, dem Stiller kein Sterbenswörtchen entlocken kann. Wenige Stunden später wird die Leiche eines 25-jährigen Mannes aus der Elbe gezogen und der schreibende Kommissar hat einen Fall, der ihm gehörig zu schaffen machen wird.

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