Starkregen, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Hitzewellen, Waldbrände. Welche Rolle spielt dabei das Wetterphänomen El Niño im östlichen Pazifik? ARD-Meteorologe Sven Plöger reiste mit Wissenschaftlern nach Panama und suchte nach Antworten.
Ein Artikel von HÖRZU Reporter Thomas Kunze
Das Jahr 2023 war das weltweit wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Experten befürchten, dass 2024 ein weiteres Rekordjahr wird – und damit noch heißer. Die Alarmzeichen der Klimaerwärmung sind weltweit unübersehbar: Starkregen, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Hitzewellen, Waldbrände. Welche Rolle spielt dabei das Wetterphänomen El Niño im östlichen Pazifik? Wissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft erforschen aktuell, welche Fernwirkung die warme Meeresströmung hat. Deshalb ging Sven Plöger, Meteorologe der ARD, im September 2023 in Panama an Bord des Forschungsschiffs „Eugen Seibold“.
Der Titel des Films, der dabei entstand, lautet: „Wie extrem wird das Wetter, Sven Plöger? Die Macht des El Niño“ (Mo, 15. April, 20.15 Uhr im Ersten). „Es geht um die Frage, ob und wie El Niño das Wetter verändert und ob der Klimawandel zu einer Art permanentem El Niño führen könnte“, sagt Plöger. „Wir wollen die Zuschauer nicht mit erhobenem Zeigefinger missionieren, sondern Wissenschaft ‚übersetzen‘ und ohne Ideologie in spannenden Geschichten erzählen.“
Dazu gehören Plögers Begegnungen in Mittelamerika und seine Erlebnisse an Bord der „Eugen Seibold“, einer 22 Meter langen und sechs Meter breiten Segeljacht, die 2018 getauft wurde und seitdem zu Forschungszwecken eingesetzt wird. An Bord stehen acht Schlafplätze zur Verfügung, meist ist das Schiff besetzt mit drei Crewmitgliedern sowie drei Wissenschaftlern. Auf kürzeren Tagesfahrten ohne Übernachtung passen bis zu zwölf Personen auf die Jacht. Die Wissenschaftler entnehmen ständig Proben aus dem Meer, um ein besseres Verständnis von den Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre sowie deren Bedeutung fürs Klima zu gewinnen. Gemessen werden unter anderem die Temperatur sowie der Salz- und Sauerstoffgehalt. Die Hälfte der Innenfläche des Schiffs ist mit Laboren belegt. „Man erlebt an Bord, dass Wissenschaftler nicht nur vor dem Monitor sitzen, sondern ganz praktisch und auch handwerklich arbeiten“, berichtet Sven Plöger.
Als Segelboot ist die „Eugen Seibold“ klimaneutral. Außerdem würden Motorabgase die Ergebnisse der Messungen verfälschen. Für Plöger war die Segeltour auf dem Pazifik natürlich keine entspannte Urlaubsreise. Zur Vorbereitung gehörten passende Kleidung und Ausstattung: „Wichtig war es vor allem, weiße Schuhe zu besorgen, um das Deck nicht zu beschmutzen.“ Als Sicherheitsvorkehrung an Bord sind auch Weste und Helm unerlässlich.
Ansonsten brachte Plöger gute Voraussetzungen mit: „Ich werde zum Glück nie seekrank“, sagt er – und klopft auf Holz. Da er als Kind oft mit seinem Vater segeln ging, war die Fahrt auf der Forschungsjacht kein Problem – auch nicht bei Sturm: „Ich saß am Bug, um mich auszuruhen, und schaute aufs Wasser, als ich plötzlich eine riesige Wolkenwand vor uns sah. Ich habe mich zur Crew umgedreht und gerufen: ‚Hey Leute, gleich geht’s hier richtig los!‘“ Sofort brach hektisches Treiben aus. „So einen Sturm hatte die Mannschaft noch nicht erlebt“, berichtet Plöger. Nachdem die Segel eingezogen und Boot samt Crew kräftig durchgeschüttelt waren, beruhigte sich die Naturgewalt zum Glück schnell wieder. Das TV-Team ließ es sich nicht nehmen, das tosende Spektakel zu filmen.
Mit El Niño hatte das aber nichts zu tun. Die warmen Meeresströmungen treten im äquatorialen Pazifik in unregelmäßigen Abständen auf: alle drei bis sieben Jahre, zuletzt 2015/16, aktuell seit Frühjahr 2023. Das Team der Max-Planck-Gesellschaft will sie auf dem Meer erforschen. Ralf Schiebel, wissenschaftlicher Leiter der Forschungsgruppe auf der „Eugen Seibold“, erklärt alles noch einmal fundiert: „Als El Niño bezeichnet man die Warmwasserphase der ‚Südozean-Oszillation‘. Der Westpazifik vor den Philippinen heizt sich durch die Sonnenstrahlung über einige Jahre auf. Es bildet sich ein Warmwasserberg, der kollabiert und nach Osten in Richtung Amerika abfließt.“ Um Weihnachten herum kommt das warme Wasser vor der Küste Perus an. Dabei heizt es sich an der Oberfläche weiter auf, sodass sich die obere Wasserschicht nicht mehr mit dem kühlen, nährstoffreichen Tiefenwasser durchmischt.