„Babylon Berlin“, „Tatort“, „Hart aber fair“ - Christine Strobl verrät, was die ARD 2025 plant

09.01.2025 um 22:15 Uhr
    Kapitänin bei der ARD: Programmdirektorin Christine Strobl (53). | ©

    Exklusiv: ARD-Chefin Christine Strobl spricht im XXL-Interview mit HÖRZU über 75 Jahre ARD, ihr neues Konzept für den „Eurovision Song Contest“  und auf welche Highlights wir uns 2025 freuen können.

    Große Shows, neue Mehrteiler, zahlreiche Fortsetzungen - dazu das Comeback des legendären Filmduos aus „Lola rennt“ (1998): Moritz Bleibtreu und Franka Potente erstmals in einer gemeinsamen Serie, der zweiten Staffel von „Testo“. Im Exklusiv-Interview mit HÖRZU verrät ARD-Programmdirektorin Christine Strobl die spannendsten Projekte des kommenden Jubiläumsjahres. Dazu zählt auch 5. und finale Staffel des ARD-Hits „Babylon Berlin“, zu dem die 53-Jährige erste Details verrät.

    Ein Interview von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz

    HÖRZU: 2025 wird ein großes Jahr für die ARD. Am 5. April feiern Sie 75 Jahre ARD, mit einer großen Show, die von Kai Pflaume moderiert wird. Auch davor gibt es bereits ein Programm zum Geburtstag. Wie ist das Konzept der Show, an der unter anderem Barbara Schöneberger, Florian Silbereisen und Maria Furtwängler mitwirken?

    Christine Strobl: 75 Jahre ARD sind für uns nicht nur ein Anlass, zurückzublicken, sondern auch eine Gelegenheit, nach vorne zu schauen. In der Jubiläumsshow werden wir sowohl die Vergangenheit würdigen als auch einen Blick in die Zukunft werfen. Es geht um die großen Momente der Fernsehgeschichte – also jene Ereignisse, bei denen wir alle gemeinsam mitgefiebert, gelacht oder gestaunt haben. Diese einzigartigen Augenblicke, die wie ein Lagerfeuer Menschen zusammengebracht haben, wollen wir noch einmal hochleben lassen. Das Konzept sieht vor, dass Kai Pflaume moderiert. Außerdem können die Zuschauer vorab interaktiv teilnehmen, voten und so mitbestimmen, welche Momente oder Persönlichkeiten im Fokus stehen. Zum Beispiel: Wer ist der beliebteste „Tatort“-Kommissar? Was waren die emotionalsten Nachrichtenmomente? Und wer war der beliebteste Talkmaster aller Zeiten?

    Klingt nach einer Show mit viel Retro-Charme …

    Christine Strobl: Absolut, natürlich gibt es auch viele wunderbare Beiträge aus dem Archivzu sehen. Wir bedienen den Retro-Charme, wie es kürzlich schon bei Hape Kerkelings Geburtstag oder dem Loriot-Special wunderbar gelungen ist. Sport, die „Sportschau“, Quizshows – die gesamte Bandbreite des ARD-Programms wird in der Show eine Rolle spielen. Unser Ziel ist es, den Programmschatz der ARD in all seiner Vielfalt zu präsentieren und gleichzeitig Erinnerungen und Emotionen bei den Zuschauern zu wecken.

    HÖRZU: Für welchen „Tatort“-Kommissar stimmen Sie persönlich ab?

    Christine Strobl: Das würde ich natürlich niemals verraten. Aber ich habe tatsächlich viele Lieblinge, darunter natürlich auch weibliche. Ich finde, die „Tatort“-Kommissarinnen und -Kommissare lassen sich aber auch gar nicht miteinander vergleichen. Die Bandbreite ist so groß, und es gibt so viele tolle Kolleginnen und Kollegen. Irgendwie habe ich sie alle lieb.

    HÖRZU: Ein weiteres großes Jubiläum im Jahr 2025 ist der 55. Geburtstag des „Tatort“ im November. Wer ermittelt in der Jubiläumsfolge? Startet dann der angekündigte, deutsch-niederländische Event-Zweiteiler „Ein guter Tag“ und „Schwarzer Schnee“ mit Wotan Wilke Möhring? Oder ist es der Amtsantritt von Karoline Schuch und Almila Bagriacik als neues Kieler Duo in der Doppelfolge „Unter Freunden/Unter Feinden“?

    Christine Strobl: Ehrlich gesagt haben wir uns dazu entschieden, in diesem Jahr vor allem ein Jubiläum zu feiern – nämlich 75 Jahre ARD. Für den 55. Geburtstag des „Tatort“ haben wir deshalb keine besondere zusätzliche Würdigung geplant.

    HÖRZU: Auch nicht bei der 1300. „Tatort“-Folge, die bereits in wenigen Wochen ausgestrahlt wird?

    Christine Strobl: Genau, die wird auch nicht besonders gefeiert. Wir haben ununterbrochen Jubiläen – wenn wir die alle feiern würden, wäre das nur noch verwässernd. Ein Beispiel: Allein in diesem Jahr stehen neben 75 Jahre ARD und 55 Jahre „Tatort“ noch weitere Jubiläen an. Im Januar gibt‘s u.a. 10 Jahre „In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte“, im Oktober 2025 stoßen Kai Pflaume, Bernhard Hoecker und Elton auf das 10-jährige Jubiläum von „Wer weiß denn sowas?“ an und im Dezember ist der „Quizduell-Olymp“ mit der 500. Folge in Feierlaune. 

    HÖRZU: Nochmal zurück zum „Tatort“. Wotan Wilke Möhring bekommt 2025 einen Co-Ermittler. Wer tritt in die Fußstapfen von Franziska Weisz?

    Christine Strobl: Das werde ich Ihnen nicht verraten.

     HÖRZU: Aber wann ist Amtsantritt für Melika Foroutan und Edin Hasanovic?

    Christine Strobl: Das ist aktuell noch nicht final geplant.

    HÖRZU: Rückt jemand nach für Mechthild Großmann? Und falls ja, wer?

    Christine Strobl: Auch dazu müssen Sie sich noch gedulden.

    Mechthild Großmann (re.) verabschiedet sich 2025 vom Münster-„Tatort“. | ©WDR

    HÖRZU: Letzte Frage zum „Tatort“: Sowohl Leonard Lansink alias „Wilsberg“ als auch die „Tatort“-Schauspieler Jan Josef Liefers und Axel Prahl fänden ein Crossover der beiden Formate spannend, da sie beide in Münster angesiedelt sind und einen Comedyaspekt haben. Liefers meinte jüngst zu HÖRZU: „Wo ein Wille, da ein Weg – aber wenn man es eigentlich nicht will, findet man leicht 1.200 Gründe, warum es nicht geht.“ Warum geht es denn nicht?

    Christine Strobl: Es bräuchte eine sehr, sehr gute erzählerische Begründung, warum man so etwas machen sollte. Momentan gibt es keine Planungen, und ich sehe auch nicht, dass sich das in naher Zukunft ändert. Was aber bemerkenswert ist, ist die anhaltend hohe Akzeptanz beider Formate. 40 Prozent Marktanteil wie bei der letzten „Tatort“-Folge „Man stirbt nur zweimal“ schaffen wir nämlich ansonsten nur noch mit der deutschen Nationalmannschaft.

    HÖRZU: Erübrigt das nicht auch das Zuschauervoting des beliebtesten „Tatort“-Teams bei der Show „75 Jahre ARD“?  Oder glauben Sie etwa nicht, dass Liefers und Prahl auf dem Thron sitzen?

    Christine Strobl: Ah, da bin ich mal gespannt. Ich glaube schon, dass es in den letzten Jahrzehnten auch andere Kommissare gab, die viele Fans hatten – Götz George sehe ich da ganz weit oben. Insofern würde ich das dem Zuschauer überlassen, statt vorab Wetten abzugeben. Aber klar, sicher sind Liefers und Prahl irgendwo in den vorderen Plätzen dabei. Da bin ich sehr zuversichtlich.

    HÖRZU: Stichwort ARD-Mediathek. Mit welchem Content möchten Sie 2025 sowohl ältere als auch jüngere Zuschauer für Ihre digitale Plattform begeistern?

    Christine Strobl: Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Entwicklung der ARD-Mediathek eine große Dynamik hat. Wenn man die Mediathek heute mit der vor drei Jahren vergleicht, sieht man ein wirklich anderes Programmangebot – besonders, was die Inhalte auf der Startseite betrifft. Das ist eine signifikante Veränderung. Wir haben 250 Millionen Euro umgeschichtet, um Inhalte speziell für die Mediathek zu produzieren. Das sind Programme, die nicht mehr fürs Ersten produziert werden, sondern die mit klarem Fokus für die Mediathek entstehen. Manchmal werden sie zwar noch im Ersten ausgestrahlt, aber die Produktion richtet sich primär nach den Bedürfnissen des Publikums, das wir mit der Mediathek erreichen wollen. Ein gutes Beispiel ist die Serie „Die Zweiflers“, die speziell für die Mediathek entwickelt wurde. Ich finde sie herausragend, davon wird es 2026 eine zweite Staffel geben. Das zeigt, dass dieser Ansatz funktioniert und sich gut anfühlt.

    HÖRZU: Auf welche Fiction-Highlights dürfen sich die User:Innen der ARD-Mediathek 2025 noch freuen?

    Christine Strobl: Auf zweite Staffeln von „Asbest“, „Testo“ und „Ronja Räubertochter“. Zudem planen wir eine dritte Staffel von „Almania“ und die fünfte Staffel von „Babylon Berlin“, die ebenfalls in 2025 erscheint. Das zeigt, dass wir bei den erfolgreichen Serien auf Kontinuität setzen , auf die sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Mediathek verlassen können. Neben diesen Fortsetzungen gibt es aber auch neue Formate, wie etwa eine Adaption der BBC-Erfolgsserie „Ghosts“, die wir als eine fantastische Comedy-Serie umsetzen werden. Und ein weiteres Highlight ist „Hundertdreizehn“, eine hochkarätig besetzte Serie, die sich damit beschäftigt, wie viele Menschen statistisch gesehen von einem Unfall betroffen sind, nämlich 113 Darüber hinaus gibt es aber auch fiktionale Produktionen wie „Mozart/Mozart“, die für beide Ausspielwege – Mediathek und lineares Fernsehen – geeignet sind.

    HÖRZU: Wird es eine zweite Staffel von „Schwarze Früchte“ geben?

    Christine Strobl:  Das ist noch nicht final entschieden. „Schwarze Früchte“ ist jedoch ein großartiges Beispiel dafür, was für herausragende und vielleicht auch für die ARD unerwartete Programme wir inzwischen in der Mediathek anbieten.

    HÖRZU: Woran machen Sie das noch fest?

    Christine Strobl: Ich habe so viele Zuschriften von Menschen erhalten, die mir geschrieben haben: „Ich habe seit Jahrzehnten nicht mehr die ARD genutzt und bin völlig begeistert, was es bei euch gibt.“ Besonders spannend ist, dass wir mit solchen Angeboten auch Bevölkerungsgruppen erreichen, die wir sonst vielleicht nicht ansprechen würden. Was mich besonders stolz macht, ist, dass wir in diesem Jahr alle unsere Ziele erreicht haben. Der Erfolg des Ersten wurde verstetigt, und wir haben die ARD-Mediathek zur meistgenutzten Plattform eines deutschen TV-Anbieters gemacht. Diese Umschichtungen haben dazu geführt, dass beide Welten – lineares Fernsehen und Streaming – gleichermaßen erfolgreich sind. 53 Millionen Menschen nutzen die Angebote der ARD täglich. Das ist eine starke Zahl, insbesondere in Zeiten, in denen über eine Anhebung des Rundfunkbeitrags diskutiert wird. Wir haben den höchsten Marktanteil des Ersten seit vielen Jahren erreicht und gleichzeitig die Mediathek stark ausgebaut, besonders in puncto Reichweite und Streamingangebote. Im Juli, unserem stärksten Monat, haben 32 Prozent der Bevölkerung die Mediathek mindestens einmal genutzt, über das ganze Jahr sind es durchschnittlich 2,7 Millionen Nutzerinnen und Nutzer täglich. Besonders stolz bin ich darauf, dass wir auch jüngere Zielgruppen gezielt erreicht haben. Das zeigt, dass wir mit unserem Ansatz erfolgreich sind und beide Welten bedienen können.

    Die Medienmanagerin Christine Strobl (geb. 1971) ist Tochter des früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. Von 2012 bis 2021 leitete sie als Geschäftsführerin die Degeto Film. Seit Mai 2021 ist sie ARD-Programmdirektorin. Eine ihrer Aufgaben: die Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Ära. Strobl ist mit dem CDU-Politiker und Innenminister Baden-Württembergs, Thomas Strobl, verheiratet. | ©ARD

    HÖRZU: Wie stärken Sie den Sportbereich in der ARD-Mediathek?

    Christine Strobl: Im Bereich Sport ist der Multi-Stream-Player eine große Neuerung. Bei den Olympischen Spielen konnten wir Dank des  Multi-Stream-Players auch weniger prominente Sportarten und Parallelwettkämpfe zeigen und so die Spiele in ihrer ganzen Vielfalt abbilden. Dieses Tool wird auch bei den Finals in Dresden genutzt, wo Deutsche Meisterschaften in 18 Sportarten an acht Sportstätten ausgetragen werden. Zudem bieten wir weiterhin Sportdokumentationen wie „Being Franziska van Almsick“, „Being Jerome Boateng“ – sowie „Kick it like women“, ein Format, das zur Frauen-Fußball-EM startet.

    HÖRZU: Welche Doku-Highlights sind aktuell für die Mediathek in Planung?

    Christine Strobl: Das dokumentarische Angebot bleibt ebenfalls zentral. Besonders hervorzuheben ist ein Dokudrama über den Stammheim-Prozess, das im kommenden Mai erscheint. Gedreht wurde dafür in der JVA Stammheim selbst. Ergänzt wird das Drama durch eine Dokumentation, die die Opferperspektive beleuchtet, etwa von Polizisten oder Fahrern, die damals betroffen waren. Ein weiteres dokumentarisches Highlight ist eine Doku-Serie anlässlich des 80. Jahrestag des Kriegsendes, die unerforschte Tagebücher von Opfern und Tätern des Nationalsozialismus verwendet, um Themen wie Ausgrenzung, Widerstand und Radikalisierung aufzuarbeiten.

    HÖRZU: Angeblich wird auch „Hart aber fair“ mit Louis Klamroth öfter ausschließlich für die ARD-Mediathek produziert.

    Christine Strobl: Ja, zur Bundestagswahl 2025 möchten wir ein neues Format speziell für jüngere Zielgruppen entwickeln – und zwar mit Louis Klamroth. Das Konzept von „Hart aber fair“, „Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft“, wird in diesem Format neu interpretiert. Dabei trifft eine Politikerin oder ein Politiker auf 25 Bürgerinnen und Bürger, deren Perspektiven und Erfahrungen die Thesen des Politikers einem „Realitäts-Check“ aus ganz Deutschland unterziehen. „Kontrovers, streitlustig und auf Augenhöhe: Wer hat die besten Argumente?“ – so lässt sich das Format am besten beschreiben.

    HÖRZU: Was ist in puncto Kids-Content für die Mediathek geplant?

    Christine Strobl: Das Kinderprofil nimmt ebenfalls Fahrt auf. Künftig können Eltern über eine Anmeldung ein altersgerechtes Kinderangebot nutzen, das alle Inhalte von KiKA, der ARD und dem ZDF bündelt. Dieses geschützte Umfeld schafft ein wertvolles, pädagogisches Angebot, das im Frühjahr 2025 so richtig Fahrt aufnehmen wird.

    HÖRZU: Stichwort „Babylon Berlin“: Stellen Sie alle Folgen der finalen Staffel auf einen Schlag zum Abruf bereit – oder Woche für Woche eine neue Episode?

    Christine Strobl: Wir werden die fünfte Staffel inklusive der vorherigen Staffeln komplett anbieten, denn diese Ausnahmeserie lädt ja geradezu dazu ein, sich alle fünf Staffeln noch einmal am Stück anzuschauen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass dieses Angebot stark genutzt wird. „Babylon Berlin“ ist eine so große Erfolgsgeschichte, dass diese Strategie absolut Sinn macht.

    Die 5. fünfte und gleichzeitig letzte Staffel von "Babylon Berlin" beruht auf dem Roman „Märzgefallene“ von Volker Kutscher und ist 2025 im Ersten zu sehen. | ©ARD Degeto

    HÖRZU: Welchen Arbeitstitel hat die fünfte Staffel von „Babylon Berlin“?

    Christine Strobl: Einen finalen Titel für die fünfte Staffel kann ich noch nicht nennen, im Moment heißt sie einfach „die fünfte Staffel“ (lacht). Die Regisseure und Autoren der bisherigen Staffeln Henk Handloegten, Achim von Borries und Tom Tykwer haben erneut die Drehbücher geschrieben, die auf dem Roman „Märzgefallene“ von Volker Kutscher beruhen.. Die Handlung spielt im Februar 1933 und beschäftigt sich sehr intensiv mit Hitler – in einer wirklich interessanten Umgebung.

    HÖRZU: Angeblich im Umfeld einer Psychiatrie, in der Hitler früher Patient war – weshalb die Nazis seine ehemaligen Mitinsassen der Reihe nach ermorden, um alle Mitwisser zu eliminieren. Richtig?

    Christine Strobl: Genau.

    HÖRZU: Stichwort neue TV-Reihen: Andrea Sawatzki bekommt 2025 ein neues Format namens „Die Verteidigerin“. Was geht dieses Jahr noch auf die Startrampe?

    Christine Strobl: „Einspruch, Schatz!“ wird mit erhöhter Schlagzahl fortgesetzt – darüber freue ich mich sehr. Bei „Liebling Kreuzberg“ ist eine weitere Folge geplant, und auch mit „Mord oder Watt“ wollen wir weitermachen. Darüber hinaus gibt es bei den Donnerstagskrimis keine großen Veränderungen. Die allermeisten Reihen werden weitergeführt. Neu am Donnerstagabend ist „Der Krimi aus Brandenburg“mit der Auftaktfolge „Die Raaben und das tote Mädchen“, die Ende Januar im Ersten läuft

    HÖRZU: Wird „Nord bei Nordost“ weitergeführt?

    Christine Strobl: Das war zwar erfolgreich und deshalb haben wir gerade einen „Nord bei Nordost“-Film abgedreht, der aber wahrscheinlich erst 2026 zu sehen sein wird.

    HÖRZU: Wird sich 2025 am gewohnten Sendeablauf im linearen Fernsehen signifikant ändern? Abgesehen von Experimentierflächen in der Nachmittagsschiene, auf die der Zuschauer sich einstellen muss – zum Beispiel durch das Verschieben von Formaten auf andere Wochentage?

    Christine Strobl: Größere Veränderungen im Sendeablauf sind derzeit nicht geplant. Was wir allerdings weiter intensivieren werden, ist unser Informationsangebot amMontag. Wir haben in diesem und im letzten Jahr das Thema Dokumentation deutlich stärker in den Blick genommen und wollen dieses Thema weiter ausbauen. Es gibt ein, zwei, drei neue Formate, die wir testen und ausprobieren möchten. Der Montag wird  2025 also gewisse Veränderungen erfahren, auch weil „Hart aber fair“ nicht mehr nur für das lineare Fernsehen, sondern auch für die Mediathek produziert wird.

    HÖRZU: Und wie sieht es mit der Nachmittagsschiene aus?

    Christine Strobl: Der Nachmittag bleibt für uns ein zentrales Thema. Wir planen, die beiden bestehenden Dailys durch eine weitere zu ergänzen – konkret durch Doppelfolgen von „Dahoam is Dahoam“, das bisher im Bayerischen Fernsehen läuft. Wir wollen testen, ob diese bayerische Soap auch deutschlandweit funktioniert. Bei den „Eberhofer“-Filmen hat der bayerische Dialekt ja bundesweit überzeugt. Unser Ziel ist es, ein Angebot zu schaffen, bei dem sich Fans von einer Daily vielleicht auch für eine andere begeistern können.

    HÖRZU: Können Zuschauer da jederzeit einsteigen? Oder braucht es nicht wichtige Vorkenntnisse über diese immerhin seit vielen Jahren im BR laufende Soap?

    Christine Strobl: Natürlich versuchen wir den Einstieg so zu gestalten, dass jeder problemlos einsteigen kann, auch wenn man nicht alle bisherigen Staffeln gesehen hat.

    HÖRZU: Gibt es abgesehen davon größere Änderungen im Sendeschema?

    Christine Strobl: Größere weitere Schemaveränderungen sind erst einmal nicht geplant. Wir wissen, dass die Zuschauer Verlässlichkeit schätzen. Dienstags läuft nach wie vor „Die Kanzlei“, mittwochs „In aller Freundschaft“ und sonntags der „Tatort“.“ Dieser Verlässlichkeitseffekt ist uns sehr wichtig. Allerdings sehen wir auch, wie stark uns die Aktualität prägt. Dieses Jahr hatten wir über 20 Brennpunkte und zahlreiche Sonderprogrammierungen, etwa durch Sportgroßereignisse oder  durch Wahlen. Deshalb bemühen wir uns, das Schema im Kern bewährt und zuverlässig zu halten, da es für die Zuschauer ein hohes Gut darstellt.

    HÖRZU: Nochmal zurück zum Nachmittag: Warum ist es so schwierig, Formate zu finden, die „Bares für Rares“ oder der „Küchenschlacht“ etwas entgegensetzen können? 

    Christine Strobl: Letztlich müssen wir für unsere Programmplätze am Nachmittag immer Prioritätsentscheidungen treffen. Es ist eine Tatsache, dass die Umschichtung von Mitteln in Richtung Mediathek Geld kostet.

    HÖRZU: Aber so knapp sind Ihre Mittel doch nicht, oder?

    Christine Strobl: Na ja, das Programmbudget insgesamt wurde in den letzten Jahren nicht erhöht, sondern sogar gekürzt. Und wir haben viele andere Erzählformen, die sich ebenfalls finanzieren müssen. Aus diesem Grund haben wir bewusst entschieden, Mittel aus dem klassischen linearen Bereich, der eine ältere Zielgruppe anspricht, auch in Angebote für jüngere Menschen zu investieren. Das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit und der Attraktivität für alle Zielgruppen.

    HÖRZU: Spielt dabei auch der internationale Wettbewerb eine Rolle?

    Christine Strobl: Ja. Solange wir nur das klassische Fernsehen als Hauptangebot hatten, war das kein Thema. Jetzt, wo die Mediathek mehr ist als ein „Verpasst-Recorder“, müssen wir sie aktiv nach vorne bringen. Dafür braucht es Programmgeld, besonders wenn wir im internationalen Wettbewerb bestehen wollen – mit Produktionen wie „Babylon Berlin“, die in über 140 Länder verkauft werden. Solche Formate brauchen ein bestimmtes Production Value, um mit internationalen Streamingstandards mitzuhalten.

    HÖRZU: Aber ein Format wie „Bares für Rares“ ist doch nicht so kostspielig wie ein Serien-Blockbuster. Wäre es nicht möglich, etwas Ähnliches kostengünstig zu entwickeln?

    Christine Strobl: Das stimmt, solche Formate sind nicht so teuer wie große Serienproduktionen. Aber tägliche Sendeplätze bedürfen in der Summe auch einer beträchtlichen Investition. Wir haben mit „Sturm der Liebe“ und „Rote Rosen“ bereits zwei fiktionale Dailys am Nachmittag, auf die ich sehr stolz bin. Sie haben eine treue Zuschauerschaft und sind auch in der Mediathek verfügbar – das ist etwas, was andere Anbieter nicht leisten. Und was die Konkurrenz betrifft: Das ZDF hat mit „Bares für Rares“ ein tolles Angebot gefunden – eine Tatsache, die wir anerkennen. Gleichzeitig muss die ARD aber auch Mittel umschichten, um auch Menschen unter 50 mit unseren Programmen zu erreichen. Diese Herausforderung gehen wir mit Leidenschaft an, weil sie für die Zukunft unserer Angebote entscheidend ist.

    HÖRZU: Stichwort ESC: Stefan Raab hat gesagt, er würde den Wettbewerb nicht antreten, wenn er nicht glauben würde, dass Deutschland einen Spitzenplatz holen könnte. Wie zuversichtlich sind Sie mit dem neuen ESC-Konzept, einen deutschen Sieger hervorzubringen? Beziehungsweise, was ist Ihr Anspruch? Ist es, in die Top Ten zu kommen - oder was ist Ihre Benchmark?

    Christine Strobl: Der Anspruch ist ganz klar, zu gewinnen. Wenn das nicht unser Ziel wäre, bräuchten wir weder eine Kooperation mit RTL noch mit Stefan Raab einzugehen. Wir wollen gewinnen – das ist unsere Messlatte.

    Inga Leschek (RTL), Stefan Raab und Christine Strobl wollen den ESC 2025 für Deutschland gewinnen. | ©Raab Entertainment

    HÖRZU: Es gibt offenbar einen wahnsinnigen Zulauf von Bewerbern.

    Christine Strobl: Ja, wir haben über 3.000 Bewerbungen erhalten – so viele wie seit fast 15 Jahren nicht mehr. Jetzt liegt es an der Jury um Stefan Raab, den oder die Richtige zu finden. Er selbst hat die Messlatte sehr hoch gelegt und wir mit ihm zusammen sowieso. Diese ungewöhnliche Partnerschaft mit RTL und Stefan Raab gibt es genau deshalb.

    HÖRZU: Heißt das im Umkehrschluss, wenn es kein Gewinn wird, wird das Konzept wieder auf Eis gelegt?

    Christine Strobl: Absolut. Natürlich stellt sich aber dann eine neue Herausforderung, wenn wir gewinnen – nämlich die nächste ESC-Eröffnungsnummer. Aber ganz ehrlich: Die legendäre Show von Stefan Raab aus 2011 zu toppen, halte ich für fast unmöglich. Das war eines der größten Spektakel, das ich je erlebt habe. Insofern nochmal: Unser Ziel ist und bleibt der Sieg. Wir denken nicht darüber nach, was passiert, wenn es nicht klappt. Ich bin zuversichtlich, dass sie funktioniert.

    HÖRZU: Doch wer hatte eigentlich die Idee zu dieser Partnerschaft, und wie schwierig war es, den Deal hinter den Kulissen auszuhandeln?

    Christine Strobl:  Es gab keine einzelne Person oder einen bestimmten Moment, der diese Partnerschaft initiiert hat. Der NDR, der bisher die Federführung beim ESC hatte, war immer mal wieder in Kontakt mit Stefan Raab – das ergibt sich ja auch, wenn man bereits gemeinsam so eine Erfolgsgeschichte geschrieben hat. Auch ich habe in den letzten Jahren ein-, zweimal mit ihm gesprochen. Aber es kam nie zustande, weil es einfach nicht gepasst hat. Jetzt war offenbar der richtige Zeitpunkt. Vielleicht war der Leidensdruck vorher noch nicht groß genug, aber nun scheint der Moment gekommen, wo alle Beteiligten sagen: „Wir müssen uns zusammentun.“ Es ist auch ein starkes Signal, dass wir uns für so eine nationale Herausforderung mit dem privaten Konkurrenten RTL zusammentun. Die Partnerschaft mit RTL lässt sich bisher sehr gut an. Und genau deshalb haben wir einen so hohen Anspruch: Nichts weniger als der Sieg rechtfertigt eine solche Zusammenarbeit.

    HÖRZU: Stichwort Politik: Am 23. Februar finden vorgezogene Neuwahlen statt. Bei ARD und ZDF wird ein Duell ausgestrahlt, das jedoch bereits im Vorfeld kritisiert wird. Ist die Entscheidung, es bei einem Duell zu belassen, in Stein gemeißelt? Oder wäre ein Triell noch denkbar?

    Christine Strobl: Die Berichterstattung ist teilweise einseitig, wenn ich das so sagen darf. Es wird häufig so dargestellt, als gäbe es nur ein Duell und sonst nichts – aber das stimmt einfach nicht. Im Gegenteil: Wir bieten diverse Formate an, in denen die Spitzenkandidaten aller Parteien diskutieren. Es gibt die Schlussrunde, die „Berliner Runde“, Town-Hall-Formate und natürlich Diskussionen in unseren Talksendungen, teilweise auch in unterschiedlichen Konstellationen mit den diversen Spitzenkandidaten. Und was unser Duellformat betrifft: Das basiert auf den Zusagen des bisherigen Amtsinhabers, der bei der letzten Wahl die meisten Stimmen erhalten hat, und des Oppositionsführers, der Partei, die in den Umfragen aktuell deutlich vorne liegt. Wir haben zudem Alice Weidel und Robert Habeck für ein weiteres Duell angefragt, inzwischen hat Robert Habeck abgesagt und damit findet dieses zweite Duell nicht in dieser Form statt und wir schauen jetzt, wie es hier weitergehen kann .

    HÖRZU: Als Konkurrenz zum TV-Duell zeigt RTL parallel zur Primetime das Finale des „Dschungelcamps“. Das dürfte Ihnen einige Zuschauer abspenstig machen, vor allem bei den Jüngeren.

    Christine Strobl: Stimmt, das ist eine Herausforderung. Aber das Duell findet traditionell am Sonntag vierzehn Tage vor der Bundestagswahl statt. Auch an dieser Tradition halten wir fest.

    Warum dennoch der Sonntagabend?

    Christine Strobl: Wir setzen bewusst auf den Sonntagabend, weil er bei uns das „Hochamt des politischen Talks“ ist – mit Caren Miosga an einem der wichtigsten Sendeplätze im deutschen Fernsehen. Der Sonntagabend, ab 20 Uhr, bleibt für uns ein starkes Lagerfeuer. Wir glauben, dass wir uns dort auch gegen starke Konkurrenz selbstbewusst behaupten können.

    HÖRZU: Warum moderiert das TV-Duell Sandra Maischberger und nicht Caren Miosga, die in einer HÖRZU-Umfrage kürzlich als kompetenteste und glaubwürdigste Talkmasterin ausgezeichnet wurde?

    Christine Strobl: Caren Miosga wird das Duell im Nachgang beleuchten. Die Idee ist, dass Sandra Maischberger für die ARD das Duell moderiert, während Caren Miosga später die Diskussion aufgreift und vertieft. Wer genau mit ihr in dieser Nachbesprechung dabei sein wird, steht noch nicht fest. Und was Miosgas Auszeichnung betrifft: Ich freue mich sehr darüber, weil sie den Sendeplatz von Anne Will übernommen und ihm ihren ganz eigenen Stempel aufgedrückt hat. Das ist besonders bemerkenswert, weil dieser Platz unter so starker Beobachtung steht. Gleichzeitig bin ich stolz darauf, dass wir mit Sandra Maischberger eine weitere kompetente und tolle Moderatorin haben, die mittlerweile öfter an drei Tagen die Woche erfolgreich im Programm ist.

    HÖRZU: Vor diesem Hintergrund nochmal kurz zu Klamroth: Wird er komplett aus dem linearen Fernsehen in die ARD-Mediathek wandern?

    Christine Strobl: Nein überhaupt nicht, „Hart aber fair“ spielt eine wichtige Rolle im Ersten. Und auch im Vorfeld der Bundestagswahlwird er prominent im TV zu sehen sein und unter anderem die „Wahlarena“ gemeinsam mit Jessy Wellmer moderieren.

    HÖRZU: Die ARD muss sparen, das merkt man auch am Programm – so wird es etwa nur noch vier statt fünf Silbereisen-Shows in 2025 und 2026 geben. Wird zusätzlich zu den Silbereisen-Shows noch mehr gekürzt?

    Christine Strobl: Nein, aber wir schichten weiter um. Das ist mir wichtig zu betonen: Wir haben im Programm zwar Kürzungen, aber die resultieren aus Kostensteigerungen. Besonders im Bereich Film und Dokumentationen sind die Kosten enorm gestiegen. Dadurch entsteht aus dem gleichen Budget automatisch weniger Programm, wenn keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden. Die Unsicherheit rund um die Beitragsdebatte spielt dabei ebenfalls eine Rolle. Gleichzeitig müssen wir neue Angebote für die Mediathek schaffen. Alles, was wir weniger machen, dient dazu, Ressourcen an anderer Stelle sinnvoll einzusetzen.

    Heißt das, es gibt keine weiteren Programmkürzungen?

    Christine Strobl: Aktuell stehen keine weiteren Programmkürzungen an. Allerdings hängt vieles vom Ausgangder Beitragsdebatte ab. Und selbst mit einer Beitragserhöhung werden wir aufgrund der Kostensteigerungen faktisch weniger Geld zur Verfügung haben, was sich zwangsläufig auf das Programm auswirkt. Jeder Bereich im klassischen Fernsehen muss seinen Beitrag leisten, damit wir die Mediathek stärken können. Wir brauchen Comedy, Fiction und Dokumentationen, die speziell für die Mediathek gemacht sind. Das sind die Herausforderungen, denen wir uns stallen müssen.

    HÖRZU: Die Quoten von „Verstehen Sie Spaß?“ lagen bei der vor-vorletzten Ausgabe bei 2,4 Millionen und zuletzt 3,18 Millionen Zuschauern und damit weit unter den Werten von Guido Cantz, der beim Schlußspurt 4,5 Millionen erreichte. Ist das für Sie noch tolerabel? Und langfristig tragbar?

    Christine Strobl: „Verstehen Sie Spaß?“ ist eines unserer Kultformate, ähnlich wie die „Maus-Show“. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten mit Nachdruck daran, dieses Format weiterzuentwickeln und wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer dafür zu gewinnen. Ich bin zuversichtlich, dass ihnen das gelingt. Ich glaube fest daran, dass wir mit „Verstehen Sie Spaß?“ wieder mehr Menschen erreichen können.

    HÖRZU: Schlussfrage: Gibt es 2025 weitere neue ARD-Shows?

    Christine Strobl: Nein, „75 Jahre ARD“ und der „ESC“ sind gewaltige Kraftanstrengungen, die reichen uns erstmal völlig aus. Darüberhinaus setzen wir auf das, was wir bereits haben. Unsere Samstagabendshows sind erfolgreich, und auch mit unseren Comedyshows am Donnerstag, mit „Extra3“ oder „Kebekus“  sind wir sehr gut aufgestellt. Auch mit unserer Perle „Inas Nacht“ wollen wir unbedingt weitermachen.