Der "DonnerstagsKrimi im Ersten" bekommt Zuwachs, mit "Der Krimi aus Brandenburg - Die Raaben und das tote Mädchen" tritt zur gewohnten Sendezeit (heute, 20.15 Uhr im Ersten) ein neues Ermittlerduo zum Dienst an.
Eine weitere deutsche Krimi-Reihe in der Primetime, braucht's das? Was unterscheidet den "Krimi aus Brandenburg" denn von den vielen anderen Formaten, welche Macke, welchen Knacks, welches Trauma haben die Ermittler diesmal - irgendwas ist ja immer -, und warum Brandenburg, genauer: die Region rund um die Universitätsstadt Senftenberg im Kreis Oberspreewald-Lausitz? - "Die Raaben" aus dem Titel der Pilotfolge, das sind die Streifenpolizistin Tonja Raabe (Alina Stiegler, seit 2020 als Ermittlerin im "Spreewaldkrimi" im Einsatz) und ihr Bruder, Kriminalkommissar Anton Raabe (Anton Rubtsov, Kurzzeit-Ermittler in "Die Toten von Marnow"). Sie werden zu einem Waldstück gerufen, das Au-Pair-Mädchen Adelina wurde hier ermordet, ihr Schützling Liam, das Baby der Unternehmer Jochen (Franz Dinda) und Lisa Fischer (Julischka Eichel), entführt.
Hier tritt bereits das Trauma der Protagonisten zutage: Vor vielen Jahren verschwand in ebendiesem Wald beim gemeinsamen Spielen auch ihr Bruder spurlos. Der Verlust und die Unsicherheit belasten bis heute ihr Leben und das ihres Vaters Ludger (Gunnar Helm). Während Letzterer still leidet, versucht Anton, sich rational mit dem Tod des Bruders abzufinden. Tonja dagegen hofft und glaubt, dass er noch lebt. Das habe sie im Wald gespürt, sagt sie, ebenso wie sie gespürt habe, dass der kleine Liam noch lebt. Überhaupt spürt Tonja sehr, sehr viel.
Der Grund: Sie ist Synästhetikerin, wird ein Sinn angeregt, aktiviert das weitere Sinne. Zur Vorbereitung suchte Schauspielerin Alina Stiegler das Gespräch mit Betroffenen, um sich daraus ein Schema zu erarbeiten: Anton etwa rieche für Tonja "wie Asphalt nach einem Sommerregen. Und der Monat Mai hat ein dunkles Tannengrün". Durch diese "besondere Form der Wahrnehmung" sei die Polizistin "anders für Signale empfänglich, sie ist beim Ermitteln die intuitive Denkerin", ergänzt Regisseurin Nina Vukovic ("KLEO"). Das kann hilfreich sein, bringt Tonja durch ihre Alleingänge aber auch immer wieder in Schwierigkeiten. Nicht nur einmal musste Bruder Anton sich vor sie stellen und sie gegen ihren Willen beschützen.
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Auch diesmal erweist sich Tonjas "Super Power", wie ihre Psychologin es nennt, als nützlich. Nach dem Abzug von Ermittlern und Kriminaltechnikern lässt sie am Tatort im Wald ihren Sinnen freien Lauf. Plötzlich weht Wind durch die Baumkronen, Blätter rauschen, färben sich bunt, eine mystische, geheimnisvolle Atmosphäre entsteht. Und Tonja findet tatsächlich etwas, das die anderen übersehen haben: Der Kidnapper hat unter anderem einen Zettel mit der Summe des geforderten Lösegelds verbuddelt: eine Million. "Der Täter stand unter Schock, der Tod von der Frau, das war nicht geplant", vermutet Tonja. Dass das stimmt, erfahren die Zuschauer bereits nach einer guten halben Stunde. Ebenso wie den Grund für die Entführung und den Tod Adelinas. Der Spannung tut das zum Glück keinen Abbruch.
Und warum nun die Lausitz als Schauplatz? "Die Lausitz ist eine Region voller Kontraste", erklärt Drehbuchautor Alexander Buresch. "Es gibt die sorbische Tradition, und damit verbunden die Sagen und Legenden, das 'Mystische'. Gleichzeitig ist die Landschaft geprägt von Tagebau und der Energiegewinnung, das Landschaftsbild deutlich geformt vom Eingriff des Menschen. Ein extrem spannender Gegensatz!" Zu den Mythen der Region zählt auch die Krabat-Sage, besonders bekannt geworden durch Otfried Preußlers Jugendbuch, in der ein Rabe kleine Jungen entführt.
Der Film ist wie eine Art Fortführung dieser Idee. Und Raben tauchen während der Ermittlungen der "Raaben" immer wieder auf. So richtig tiefgründig wird das allerdings nicht, dazu ist die Zeit zu knapp und der eigentliche Fall dann doch zu herkömmlich. Und natürlich darf dabei ein aktueller, sozialkritischer Bezug nicht fehlen. Dafür steht die Figur des jungen Flüchtlings Amir (Mohammad Eliraqui), eines Freundes der Ermordeten, der wichtige Informationen hat, der Polizei aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht traut. Wenig später muss ebendiese ihn vor einem wütenden Mob retten.
Der Pilotfilm einer neuen Reihe ist eben immer eine schwierige Aufgabe: Man muss die neuen Figuren einführen, eine Grundlage schaffen, möchte sich von der Konkurrenz absetzen, aber gleichzeitig das gemeinsame Publikum erreichen. Zu verrückt darf es also nicht werden, das zeigen die Reaktionen auf manch experimenteller geratenen "Tatort", sonst schalten die Krimifans schnell weg. Die visuelle Darstellung von Tonjas Wahrnehmungen dürfte den ein oder anderen Zusehenden ein wenig befremden. Aber vielleicht kann genau sie langfristig auch eine neue Farbe ins "DonnerstagsKrimi"-Spiel bringen. Also nochmal die Frage: Braucht's das? Nein, stört aber auch nicht!
"Der Krimi aus Brandenburg: Die Raaben und das tote Mädchen" (Do, 30. Januar, 20.15 Uhr im Ersten) ist zwei Tage vorab in der Mediathek abrufbar.