Warum hat sich ein Pensionär umgebracht? Das Schauspielerpaar Andrea Sawatzki und Christian Berkel spricht bei HÖRZU über seinen ersten selbst produzierten TV-Film.
Ein Artikel von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz
Warum hat sich der pensionierte Arzt Joachim (Rainer Kühn) einen Tag vor seinem 80. Geburtstag und seiner großen Jubiläumsfeier erschossen? Wieso haben seine engsten Angehörigen nichts von seinem Plan geahnt? Und das, obwohl sie mit ihm unter einem Dach lebten? Nur drei von unzähligen Fragen, die Joachims Sohn Andreas (Christian Berkel), dessen Ehefrau Bibi (Bibiana Beglau), Enkelin Stella (Stella Kann) und Tochter Ulrike (Andrea Sawatzki) im ARD-Drama "Querschuss" (Mi, 12, Februar, 20.15 Uhr im Ersten) quälen. Gemeinsam begibt sich die Familie auf die Suche nach Joachims Motiv – doch laut dessen Hausarzt war der alte Mann weder krank noch lebensmüde.
Während zahlreiche Partyfirmen anrücken, um Zelte und Catering im Garten aufzubauen – für die Stornierung des Fests war es leider zu spät –, reden die Angehörigen erstmals Klartext: über Fehler der Vergangenheit, Familiengeheimnisse, Kränkungen, überhöhte Erwartungen, unerfüllte Wünsche, Hypersensibilität, Sehnsüchte – und Süchte. Doch egal wie sehr sie sich einander öffnen: Die Ursache für Joachims Suizid können sie nicht ergründen. Erst als die temperamentvolle, trinkfeste Tante Bernadette (Ursula Werner) aus Paris anreist, erfahren die Trauernden einen möglichen Grund für die Tat. Und rücken behutsam ein Stück näher zusammen, während sie gemeinsam Joachims Geburtstag zelebrieren.
Genau richtig, findet Andrea Sawatzki (61), die den Film „Querschuss“ gemeinsam mit ihrem Mann, dem Schauspieler Christian Berkel (67) und ihrer neuen Filmproduktionsfirma „A Couple of Pictures“ finanziert hat. Sawatzki zu HÖRZU: „Aus unserer Sicht fallen zu viele Themen unter den Tisch, deshalb möchten wir diesbezüglich einen Kontrapunkt setzen. Denn wir sind davon überzeugt, dass es durchaus ein Publikum für Filme gibt, die die Zuschauer auch noch am übernächsten Tag beschäftigen.“
Ein Ziel, das „Querschuss“ nicht verfehlt, denn der TV-Film fesselt bereits ab den ersten fünf Minuten, in denen der betagte Joachim den Schuss gegen sich abfeuert – und damit zugleich die Herzen aller Hinterbliebenen trifft. Zwei Qualitäten des Films sind besonders hervorzuheben: Erstens das intelligente, gut durchdachte Drehbuch, das dem üblichen TV-Einerlei leise, aber umso beharrlicher die Einsicht entgegensetzt, dass es nicht für alles „die eine große Wahrheit“ gibt – in diesem Fall für den Suizid. Zweitens das in allen Rollen hervorragend besetzte Ensemble, das die ganze Bandbreite von Gefühlsäußerungen äußerst authentisch beherrscht – von Heulkrämpfen über Hysterie bis zum nackten Wahnsinn.
Da ist der scheinbar vernachlässigte Sohn (Berkel), die seelenverwandte Schwiegertochter (Beglau), die unangepasste Tochter (Sawatzki), der über alle Maßen geliebte Enkel (Thomas Prenn), die leidenschaftliche Ex-Geliebte (Werner) und die Enkelin (Stella Kann), die schlagartig aus der Kindheit gerissen wird. Berkel: „In ‚Querschuss‘ geht es nicht nur um Suizid. Der Fokus liegt vielmehr auf dem Schweigen innerhalb einer Familie – also darauf, dass sich Familienmitglieder oft nicht wirklich kennen oder kennenlernen wollen, genau wie darauf, dass sie sich in einer Komfortzone verschanzen. Dieses Schweigen ist ein Thema, das viele betrifft – weshalb unser Film auch viel Resonanz erzeugt hat.“
Denken Sie selbst an Suizid, oder kennen Sie Menschen, die gefährdet sind? Dann nehmen Sie bitte schnell fachliche Hilfe in Anspruch, etwa bei der Deutschen Depressionshilfe: Info-Telefon 0800 / 33 44 533