„Tatort“ heute eher ungewöhnlich: Alles außer Kontrolle Schwarzwald

Jens Gebhardt
23.03.2025 um 16:45 Uhr
    „Tatort“ heute eher ungewöhnlich: Alles außer Kontrolle Schwarzwald | © SWR
    Der Einsatzleiter (Hadi Khanjanpour, links) teilt die Teams für die Fahndung ein. Auch Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) beteiligen sich an der Suche nach dem flüchtigen Paar im Wald. | ©SWR

    Im neuen „Tatort: Die große Angst“ wird ein flüchtendes Paar durch den Schwarzwald Seilbahn gejagt – und selbst die beiden Kommissare zanken sich.

    Ein Artikel von HÖRZU Redakteur Michael Fuchs

    Es ist eng, es ist heiß, es ist für eine Schwangere unerträglich – und dann macht einer auch noch immer wieder das Fenster zu: Dass die junge Frau in der Gondel der Bergbahn irgendwann um sich schlägt, ist keine Überraschung. Doch plötzlich liegt ein Toter auf dem Boden der Kabine. Die Schwangere und ihr Mann fliehen, eine Jagd beginnt, bei der von Anfang an alles schiefgeht. Der Schwarzwald macht es noch schlimmer: Hier keuchen die Flüchtenden durchs Gestrüpp, die Hänge hoch und runter. Die Verfolger hetzen hinterher. Die Polizei ist überfordert, Fake News machen die Runde, der Mob dreht durch, die Kommissare giften sich an.

     Im „Tatort: Die große Angst“ (So, 23. März, 20.15 Uhr im Ersten) ist jeder im Ausnahmezustand. Alles ist hektisch und panisch, ständig brüllt, schlägt oder tritt jemand auf etwas ein. Ganz klar: So fühlt sich Deutschland 2025 an, in dem jeder lauter sein will als der andere – und man im Diskurs die meiste Zeit aneinander vorbei schreit. In dem die Meinung wichtiger ist als die Wahrheit. „Das sind doch keine Monster“, sagt Ermittlerin Tobler, dargestellt von Eva Löbau, über das Fluchtpaar – aber da hört ihr schon längst niemand mehr zu.

    Jeder Figur übermittelt den Zuschauer*innen eine „geheime Botschaft“

    Die „Volksszenen“, in denen die Dörfler sich aufpeitschen, seien besonders sorgfältig inszeniert, so die Schauspielerin. Regisseurin Christina Ebelt habe jeder Figur eine „geheime Botschaft“ zugesteckt, um ihre Sichtweise zu stützen. „Dadurch verstärkt sie die Konflikte, das macht das Spiel realistischer“, so Löbau. „Im Grunde funktionieren soziale Medien ja auch wie diese Einflüsterungen. Das Internet bildet eine Blase um uns, die uns in unserer jeweiligen Meinung bestärkt. Es gibt kaum objektive Informationen, sondern vor allem Stimmungsmache.“

    Da die Szenen nicht chronologisch aufgenommen wurden, war die größte Herausforderung laut Löbau die „Dosierung“ der Gereiztheit: „Wir mussten ganz besonders achtgeben, an welcher Eskalationsstufe wir uns gerade befinden.“ Doch die ständige Anspannung hatte auch Vorteile: „Den Stress, alles bis zum Ende des Drehtags fertig zu bekommen, konnte man gut ins Spiel integrieren.“ Weil die Kamera den Darstellern unentwegt auf Schulterhöhe hinterherhastet, verlangt der Schwarzwald-„Tatort“ auch den Zuschauern einiges ab. Da geht einem beinahe selbst die Puste aus – sogar auf dem Sofa.

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