"Wilsberg - Über dem Gesetz": Ex-ZDF-Ermittler brilliert als diabolischer Jurist

11.01.2025 um 10:45 Uhr
    "Wilsberg - Über dem Gesetz": Ex-ZDF-Ermittler brilliert als diabolischer Jurist | © ZDF
    Wilsberg (Leonard Lansink, Mitte) soll herausfinden, wer Professor Henning Breeker (Johann von Bülow) stalkt. Der beschuldigt ganz offen seine Kollegin Dr. Kerstin Schunck (Eva Bay). Wilsberg ist allerdings bald klar, wer von beiden hier tatsächlich die Wahrheit sagt. | ©ZDF

    Vor 30 Jahren ermittelte Georg Wilsberg zum ersten Mal im ZDF. Statt einer großen Feier bekommt er nur einen neuen Fall: Der Privatdetektiv soll den Stalker des arroganten Jura-Professor Breeker ausfindig machen. Als wenig später ein Student an Herzversagen stirbt, vermutet Wilsberg falsches Spiel.

    Was für ein Anblick: Georg Wilsberg (Leonard Lansink) in einem Vorlesungssaal der Uni Münster, umgeben von Studentinnen und Studenten, die aufmerksam seinen Ausführungen zum Thema Gesetz und Gerechtigkeit lauschen. Kehrt der Ex-Anwalt, dem einst die Lizenz entzogen wurde, etwa zu seinen Wurzeln zurück? Natürlich nicht. Wilsberg ist auf Undercover-Mission, ein Dozent der Uni hat von einem Stalker mehrere Morddrohungen erhalten. - Anfang 1995 ermittelte der Privatschnüffler zum ersten Mal, in der Pilotfolge wurde er noch von Joachim Król verkörpert, seit Folge ist Leonard Lansink fest mit seiner Figur verwachsen. Feiern will das ZDF den 30. Geburtstag einer seiner erfolgreichsten Reihen offenbar nicht groß, womöglich wird hier verfahren wie zuletzt bei "Ein starkes Team". Dort soll in diesem Jahr die 100. Folge gebührend gefeiert werden, heißt es. "Über dem Gesetz" (Regie: Philipp Osthus), der neueste "Wilsberg"-Film, der jetzt am Samstagabend (11. Januar, 20.15 Uhr) zur Primetime im ZDF ausgestrahlt wird, ist der 84. Fall der Reihe.

    Machtgefälle und Gaslighting an der Uni

    Das Stalking-Opfer, Professor Henning Breeker (Johann von Bülow), ist laut Kommissarin Anna Springers (Rita Russek) Patentochter Merle (Janina Fautz) "der Star unter den Jura-Profs, die Koryphäe in Sachen Strafrecht". Und niemand findet Breeker so fantastisch wie er sich selbst. Er ist nicht nur selbstverliebt, selbstherrlich und arrogant, sondern auch schnell aufbrausend und herablassend, wenn man nicht den Boden unter seinen Füßen küsst. Man möchte dieses Ekelpaket am liebsten links und rechts... Johann von Bülow, der übrigens drei Jahre die Hauptrolle in einer anderen  ZDF-Krimireihe („Herr und Frau Bulle“) spielte, verkörpert den aalglatten Juristen herrlich diabolisch.

    Wilsberg hat das Gefühl, dass seine Kollegin Dr. Kerstin Schunck (Eva Bay) Angst vor Breeker hat: "Der nutzt jede Gelegenheit, einen zu demütigen." Das weiß auch Wilsbergs gute Freundin Tessa (Patricia Meeden) zu berichten: "Breeker war schon früher zu allem bereit, um Leute fertig zu machen ... Wenn er einen nicht mag, dann schüchtert er einen systematisch ein, bis man irgendwann selber glaubt, man ist nicht gut genug." Klassisches Gaslighting. Und Breekers Opfer wehren sich nicht, weil er Karrieren so schnell beenden wie aufbauen kann. Derselbe Grund, weshalb Opfer sexueller Gewalt Übergriffe häufig nicht melden - die ungleiche Machtverteilung zwischen Täter und Opfer. Ein ernstes Thema und ein nicht seltenes an Universitäten.

    Mysteriöser Tod eines Studenten

    Dann kommt plötzlich Tempo in den Fall: Dr. Schunck wird verhaftet, wenig später ertappt Breeker den Studenten Jan Seiters (David Pimshteyn), der in sein Haus eingebrochen ist und sich an seinem Laptop zu schaffen macht. Kurz darauf flieht der junge Mann aus dem Haus und bricht tot zusammen - vor den Augen von Wilsberg und Tessa. Herzstillstand. Da Seiters eine Waffe besaß, ist der Fall für Kommissar Overbeck (Roland Jankowsky) damit erledigt: Seiters war der Stalker und ist eines natürlichen Todes gestorben. Doch Wilsberg vermutet, selbstverständlich zu Recht, mehr dahinter. Aber Overbeck ist ja schon aus Prinzip anderer Meinung als Wilsberg.

    Der spannt nun einmal mehr seinen gutmütigen Kumpel Ekki (Oliver Korittke) ein. Denn wie es der Drehbuch-Zufall von Stefan Rogall so will, ist der Finanzbeamte gerade bei Breekers Schwester, der Immobilienmaklerin Yvonne Durynek (Tanja Schleiff), als Steuerprüfer zugange. Da wird er ja wohl das ein oder andere Wissenswerte über ihren Bruder herausfinden können, oder?

     

    Und wie ist er nun, dieser Jubiläumsfall, der keiner ist? An Witz und Spannung des letzten Films "Blut geleckt", der an die leichteren Fälle von früher erinnerte, kommt "Über dem Gesetz" leider nicht heran. Es fehlt eine originelle Nebenhandlung wie die um Kommissarin Anna Springer, die als Krimiautorin in die verrückte Verlagsmaschinerie gerät. Vielmehr werden die beliebtesten Wilsberg-Zutaten einfach abgehakt: Bielefeld wird schlechtgemacht, Ekki mal wieder unfreiwillig in Wilsbergs Fall hineingezogen, der Tessa einmal mehr das Auto klaut ...

    "Cogito ego sum": Overbeck rettet die Folge

    Dafür hat Overbeck eine ganze Reihe an solchen Szenen, für die man die Reihe liebgewonnen hat. Diesmal ist es an Anna, ihn von seinem hohen Ross herunterzuholen. Weil sein Konkurrent und Zwangspartner Dreckshage zu den "Cold Cases in den Aktenkeller verbannt" wurde, ist er überglücklich. "Jetzt kann das Dreamteam endlich wieder ungestört loslegen, und das feiern wir mit einem selbstgebackenen Schokoladenkuchen - ohne Schokolade, Eier und Zucker natürlich."

    Annas Freude hält sich in Grenzen: "Ernährungsprogressiv, wie schön." In nächster Zeit sei "nichts mit Dreamteam, da ist eher Teamgeist gefragt". Overbeck solle sich mit Streifenpolizist Lüdke (Andreas Merker) und Azubi Isabel Wolfangel (Sarah Alles-Shahkarami) geduldiger zeigen und die beiden in seine Arbeit mit einbeziehen. Es habe einen Grund, weshalb Kriminalrat Schaaf ihm den Spitznamen "Egobeck" verpasst habe. "Das bezieht sich ja auf mein humanistisch-philosophisches Interesse - 'cogito ego sum", korrigiert Overbeck sie. Mit seinem Latein ist er offenbar bereits am Ende.

    Weitere "Wilsberg"-Filme sind bereits abgedreht, der nächste - "Achtsam bis tödlich" - ist am Samstag, 8. Februar, 20.15 Uhr zu sehen. Und wie sieht es nun mit Folge 100 aus? "Ich plane eher für 111", verkündete Leonard Lansink vor einiger Zeit. "Das ist die schönere Zahl!" Wilsberg-Fans können sich also noch auf viele weitere Fälle freuen.

    Quelle: teleschau / Susanne Bald